© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/15 / 20. März 2015

„Ich lasse mir den Mund von niemandem verbieten“
Politische Korrektheit: Weil die Universität Lübeck den Unternehmer Winfried Stöcker für dessen Kritik an Asylbewerbern gerüffelt hat, stellt er seine Förderung ein
Felix Krautkrämer

Der Fall hatte Ende vergangenen Jahres für Schlagzeilen gesorgt. Der Görlitzer Unternehmer Winfried Stöcker weigerte sich, sein Jugendstilkaufhaus für ein Benefizkonzert für Asylbewerber zur Verfügung zu stellen. Es war seine Art des Protests gegen Asylmißbrauch.Afrikaner aus sicheren Herkunftsländern sollten lieber in ihrer Heimat für einen höheren Lebensstandard sorgen. Außerdem wolle er „in 50 Jahren keinen Halbmond auf dem Kölner Dom“, begründete der Mediziner seine Ablehnung damals bewußt provokant, um „die Bedenken der schweigenden Mehrheit über die aktuelle Asylpolitik zum Ausdruck“ zu bringen. Wer wahrgenommen werden wolle, müsse schließlich zuspitzen.

Und Stöcker wurde wahrgenommen. Unter anderem von der Universität Lübeck, an der Stöcker Honorarprofessor für Labormedizin ist und sein Unternehmen Euroimmun mehrere Projekte fördert. Rektor Hendrik Lehnert distanzierte sich von Stöckers Äußerungen „auf das Nachdrücklichste“. Toleranz, Weltoffenheit und ein klares Bekenntnis zu multikulturellem Denken und Handeln seien unveräußerliche Werte der Campus-Kultur.

Wer nun erwartete, der Kritisierte würde zurückrudern und klein beigeben, der kannte offenbar Stöcker nicht. Denn der reagierte mit einer „klaren Ansage“, die es in sich hatte. Euroimmun werde der Universität keine Mittel mehr zur Verfügung stellen, „solange dieser Präsident im Amt ist“.

Anzeige durch Türken und Afrikaner

Gegenüber der JUNGEN FREIHEIT rechtfertigte der Unternehmer die Entscheidung. „Ich lasse mir den Mund von niemandem verbieten. Von keinem Präsidenten, Journalisten oder Politiker. Es ist mein Recht, meine Meinung zu sagen. Ich bin ein freier Mensch.“

Stöcker fühlt sich falsch verstanden und ungerecht behandelt. Mit seiner Firma werde er sich nun eben neue Kooperationspartner suchen, zum Beispiel an der Technischen Universität Dresden und in Mecklenburg-Vorpommern. „Wir sind nicht auf die Zusammenarbeit mit der Universität Lübeck angewiesen. Wir sind international gut aufgestellt und unterhalten weltweit 150 Kooperationen.“ Der Personalbedarf für sein mittlerweile 2.000 Mitarbeiter beschäftigendes Unternehmen lasse sich auch anderswo als in Lübeck decken. Für die Universität bedeutet das einen Verlust von mehr als einer Million Euro.

Mittlerweile beschäftigt der Fall auch die Justiz. Wie der Sprecher der Görlitzer Staatsanwaltschaft, Till Neumann, der JF bestätigte, seien mehrere Anzeigen wegen des Verdachts auf Volksverhetzung gegen Stöcker eingegangen. Die Staatsanwaltschaft ermittle bereits seit Ende vergangenen Jahres. Stöcker solle demnächst Gelegenheit bekommen, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Strafanzeige hatten unter anderem der Zentralrat der Afrikanischen Gemeinden in Deutschland und die Türkische Gemeinde Schleswig-Holstein gestellt. Letztere warf Stöcker eine „zutiefst fremdenfeindliche Gesinnung“ vor. „Die Äußerungen von Herrn Stöcker gehen weit über eine Meinungsäußerung heraus. Sie sind rassistisch und menschenverachtend und könnten den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllen. Wir fordern, daß Herr Professor Stöcker gegebenenfalls angemessen bestraft wird“, sagte der Landesvorsitzende der Vereinigung, Cebel Küçükkaraca.

Stöcker dagegen sieht sich im Recht. Er erhalte Zuschriften aus ganz Deutschland, in denen sich Bürger bei ihm für seine klaren Worte bedankten. Stöcker, so der Tenor, habe ihnen „aus dem Herzen gesprochen“. Auf 15 DIN-A4-Seiten hat er zudem nochmals seine Sicht der Dinge aufgeschrieben. Unter dem Titel „Gesinnungsterror in Fragen zur Asylpolitik“ warnt der Unternehmer davor, daß Deutschland sein Erbe verspiele, wenn in der Einwanderungspolitik die Tore bedingungslos geöffnet würden. „Alles was wir und unsere Vorfahren in den letzten Jahrhunderten errungen haben, scheint durch Überfremdung in Gefahr – das Recht auf freie Meinungsäußerung, die Religionsfreiheit, das Selbstbestimmungsrecht, die Gleichberechtigung der Frau, das Wahlrecht und die religionsunabhängige Jurisdiktion.“

Deutschland brauche keine fremde Hilfe, um beispielsweise die Renten zu finanzieren. Statt dessen, schlägt Stöcker vor, solle man lieber eine „‘Willkommenskultur’ für eigenen Nachwuchs entwickeln“.

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