© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/15 / 20. März 2015

Systemüberschreitende Raumplanungen: Stettin und das „Ruhrgebiet des Ostens“
Großprojekt Oder-Donau-Kanal
(tg)

Pommerns Landeshauptstadt Stettin verfügte bis 1914 über den größten deutschen Seehafen nach Hamburg und Bremen. Die in Versailles 1919 erzwungene Abtretung Westpreußens und die spätere Okkupierung Ostoberschlesiens ermöglichte es jedoch der Republik Polen, 1926 mit Gdingen einen staatlich stark subventionierten Konkurrenzhafen zu eröffnen, der nicht nur Danzig Konkurrenz machte, sondern auch zu Stettins Bedeutungsverlust führte. Nach der Rückgewinnung dieser Territorien zu Beginn des Zweiten Weltkrieges habe sich, wie Klemens Grubes Studie über NS-Raumplanungen in Ostdeutschland darlegt (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 4/2014), der Stettiner Seewirtschaft die Chance geboten, ihren ursprünglichen Rang wiederzuerlangen. Beraten vom Greifswalder Nationalökonomen Heinz-Peter Seraphim richteten sich Stettiner Hoffnungen dabei auf den projektierten Ausbau Oberschlesiens zum „Ruhrgebiet des Ostens“. Ein Oder-Donau-Kanal sollte die Stettiner Handelsverbindungen nach Südosteuropa ausdehnen. Der Kriegsverlauf machte die pommerschen Planungen zwar zunichte. Aber auf ihrer Grundlage und mit Hilfe deutscher Fachkräfte wollten sowjetische Wirtschaftsplaner den Kanalbau 1947 ins Werk setzen, und noch ein Comecon-Beschluß sah die Ausführung zwischen 1971 und 1978 vor.

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