© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/15 / 27. März 2015

Grüße aus Rom
Auf ins Heilige Jahr
Paola Bernardi

Papst Franziskus, der erste Pontifex aus Lateinamerika, der erste Jesuit auf dem Thron Christi, ist kein hochtrabender Theologe, sondern ein wahrer Seelsorger, der sein Herz auf der Zunge trägt. Mögen vatikanische Diplomaten auch mitunter schier verzweifeln an seiner Wortwahl, die Menschen lieben ihn – nicht nur die Gläubigen.

Als er nun in einer Bußpredigt ein neues „außerordentliches Heiliges Jahr“ ankündigte, das im Zeichen der Barmherzigkeit stehen soll, war die Sensation perfekt. Niemand hätte auch nur im stillen daran gedacht, und kein Sterbenswörtchen war bisher durchgesickert. Denn turnusmäßig ist ein Heiliges Jahr nur alle 25 Jahre vorgesehen. Das letzte war im Jahr 2000 unter Papst Johannes Paul II. Damals kamen 25 Millionen Pilger und Touristen. Jetzt dieser neue und dramatische Überraschungscoup. Denn Papst Franziskus sagte auch, daß seine Amtszeit nicht mehr lange dauern werde.

Die Stadtväter reiben sich die Hände und freuen sich auf den kommenden Geldsegen.

Wie er dies auch immer meinte – der Zustrom der Pilger, besonders aus Südamerika, steigt. Jeder möchte von ihm noch einmal gesegnet werden. Mit der Ankündigung wolle er seinem Pontifikat wieder einen neuen Schub verleihen im Zeichen der Barmherzigkeit, erklärte er. Ganz bewußt gab der Papst damit Rom wirtschaftliche Impulse. Kurz vor Ostern quillt die Stadt schon über vor Touristen und Pilgern. Doch nun wird eine Rieseninvasion erwartet.

Ausgelassener Jubel bei den Stadtvätern: Wird doch in die leeren Kassen wieder Geld geschwemmt. Bürgermeister Ignazio Marino behauptet dreist, die Stadt sei gerüstet. Dabei bricht der Verkehr täglich im Chaos mehrmals zusammen, hinzu kommen noch die ständigen Streiks und Demonstrationen gegen die Kürzungen der Regierung Renzi. Jeder Römer weiß nun, was vom 8. Dezember 2015 bis zum 20. November 2016 auf ihn zukommt. Doch die Stimmung der Römer schwankt zwischen Resignation und Jauchzen.

Doch halt – die päpstliche Ankündigung fiel zusammen mit der Terrordrohung des Islamischen Staates. Seit jeher steht der Vatikan im Fokus der Dschihad-Miliz. Nun erscheint die Gefahr konkret – vor allem nach dem Attentat in Tunis. Die Geheimdienste und Sicherheitsgremien rotieren schon seit Wochen. In den römischen Metrostationen wie Termini oder Piazza di Spagna wurden neue Räume für Kamera-Überwachung geschaffen. Sicherheitskräfte mit Schäferhunden patrouillieren auf den Bahnsteigen. Die Hunde beschnüffeln jeden Fahrgast nach Sprengstoff.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen