© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/15 / 27. März 2015

Bemerkenswert schnell verdrängt: Der Bismarck-Mythos nach 1933
Nur ein unvollkommener Vorgänger
(sf)

Am 21. Juni 1933 wurde der „Bismarckbund“, die Jugendorganisation der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP), per Polizeiverordnung aufgelöst. Am selben Tag schlossen Polizei und SA Geschäftsstellen der Deutschnationalen Front, eines Bündnisses aus DNVP, Stahlhelm und Landbund, dessen Leitbild ebenfalls Otto von Bismarck gewesen war. Der Bismarck-Mythos der rechten Konkurrenz der NSDAP wurde mit diesen Juni-Aktionen schon wenige Monate nach Hitlers „Machtergreifung“ auf den Aussterbeetat gesetzt. Eignete sich die propagandistische Verwertung des „Eiserne Kanzlers“ mit ihren restaurativen, monarchistischen Elementen doch auch dazu, die Legitimität der NS-Herrschaft zu untergraben. Daher etablierte sich, wie Christoph Nübel in seiner Studie über die „‘Gleichschaltung’ politischer Mythen im Nationalsozialismus, 1933–1939“ ausführt (Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 1/2015), die NS-Variante der Instrumentalisierung des Reichsgründers im öffentlichen Raum „bemerkenswert schnell“. Ihr zufolge habe der Erfinder des Sozialistengesetzes bei der „inneren Reichseinigung“ versagt. Erst Hitlers „Revolution von unten“ habe die Wilhelminische Klassengesellschaft in die egalitäre „Volksgemeinschaft“ verwandelt. Und nach dem Anschluß Österreichs vermittelte der reduzierte Mythos, daß der „kleindeutsche“ Bismarck auch außenpolitisch übertroffen worden sei.

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