© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  15/15 / 03. April 2015

Als die Außerirdischen landeten
Prä-Astronautik: Der Schweizer Buchautor Erich von Däniken wird achtzig
Wolfgang Kaufmann

Im grauen Altertum hatten unsere Vorfahren Besuch aus dem Weltall!“ Mit dieser provokanten Behauptung leitete der Schweizer Hotelier Erich von Däniken sein Erstlingswerk „Erinnerungen an die Zukunft“ ein, das im Februar 1968 bei Econ in Düsseldorf erschien, nachdem zwanzig andere Verlage das Manuskript abgelehnt hatten. Allerdings war auch der Econ-Chef Erwin Barth von Wehrenalp nicht so ganz von dem Buch überzeugt, weshalb er es sprachlich überarbeiten und dann auch nur in einer Auflage von 6.000 Stück drucken ließ. Zu abenteuerlich erschien die These, daß das kulturelle Erwachen der Menschheit zum Ende der Steinzeit aus dem Wirken von außerirdischen „Lehrmeistern“ resultiere, welche als Götter verehrt worden seien.

Aber Erich von Däniken traf offenbar einen Nerv seiner Zeitgenossen – immerhin standen die USA gerade kurz davor, erstmals Menschen zum Mond zu schicken; außerdem schwand der Respekt vor der Autorität und den Lehrsätzen der etablierten Wissenschaften, was nicht zuletzt an den gesellschaftlichen Umbrüchen infolge der 68er-Bewegung lag. Vor diesem Hintergrund explodierten die Verkaufszahlen von „Erinnerungen an die Zukunft“, so daß Econ immer wieder nachdrucken mußte: bis März 1969 gingen sage und schreibe 1,2 Millionen Exemplare über den Ladentisch. Dazu kamen die Übersetzungen ins Englische und weitere 25 Sprachen, welche zu einer Weltauflage von 5,5 Millionen führten. Das machte den Autor zum reichen Mann, obwohl er einen an sich recht unvorteilhaften Knebelvertrag unterschrieben hatte, der ihm gerade einmal sieben Prozent des Gewinns garantierte.

Gemeinsamkeiten der alten Hochkulturen

Diesen Geldsegen konnte Erich von Däniken auch nur zu gut gebrauchen, denn durch die aufwendigen Recherchereisen an all die fernen Orte rund um die Welt, wo sich angeblich Spuren des Wirkens der fremden Astronauten befinden, waren Schulden in Höhe von über 400.000 Franken aufgelaufen. Darüber hinaus vertrat die Schweizer Justiz die Ansicht, der Bestsellerautor sei der Veruntreuung schuldig, weshalb ihn das Graubündener Kantonsgericht in Chur am 13. Februar 1970 nach einem allerdings doch höchst fragwürdigen Verfahren zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilte. Das Strafmaß resultierte dabei wohl nicht zuletzt aus dem Umstand, daß von Däniken in der Vergangenheit schon mehrmals wegen anderer Vergehen wie Diebstahl, Brandstiftung und Betrug im Visier der Ermittler gestanden hatte.

Ansonsten verlief auch der übrige Lebensweg des Begründers der sogenannten „Prä-Astronautik“, der am 14. April 1935 in die gutbürgerliche Familie eines Textilfabrikanten hineingeboren worden war, nicht sehr geradlinig. Nach dem Besuch der Jesuitenschule in Freiburg im Üechtland absolvierte von Däniken eine Hotelfachlehre und schlug sich anschließend als Kellner, Schiffssteward, Barmann und Hilfsarbeiter bei der Lebensmittelfirma Knorr durch. Bergauf ging es mit seiner Karriere erst 1964, als er zum „Stillen Pächter“ und Geschäftsführer des Hotels „Rosenhügel“ in Davos aufstieg – allerdings nahmen damit nun auch die finanziellen Probleme in exponentiellem Umfang zu.

Mit dem Erfolg von „Erinnerungen an die Zukunft“ avancierte von Däniken in kürzester Zeit zum unangefochtenen Hauptexperten für die „Götterastronauten“, obwohl es schon bald Plagiatsvorwürfe gab, weil seine Thesen doch sehr dem ähnelten, was die Franzosen Robert Charroux alias Robert Grugeau sowie Louis Pauwels und Jacques Bergier kurz zuvor in „Phantastische Vergangenheit“ beziehungsweise „Aufbruch ins Dritte Jahrtausend“ geschrieben hatten: Hier findet sich unter anderem bereits die Behauptung, die Linien von Nazca in den peruanischen Anden seien die letzten Überreste von prähistorischen Landebahnen für fremde Raumschiffe. Dieser Erfolg des Schweizers rührte nicht zuletzt daher, daß er unermüdlich weiter nach Belegen für Besuche durch Außerirdische suchte und dabei auch eine Vielzahl von durchaus erstaunlichen Entdeckungen machte, welche er in inzwischen schon 44 Sachbüchern vorstellte, deren Gesamtauflage jetzt bei über 60 Millionen Exemplaren liegt.

Dabei spart von Däniken in seinen Werken nicht mit dezidierter Kritik an der etablierten Wissenschaft; sie arbeite viel zuwenig interdisziplinär und übersehe dadurch die Gemeinsamkeiten zwischen den verschiedenen alten Hochkulturen rund um den Globus, die daraus herrührten, daß eben alle bei denselben Außerirdischen in die Schule gegangen seien. Außerdem gebe es eine Vielzahl von Denkverboten aus Feigheit oder Bequemlichkeit. In diesem Zusammenhang verwies er dann auch auf die einengende Rolle der Kirchen.

Kritiker werfen ihm Manipulationen vor

Das rief natürlich Gegenreaktionen hervor, wobei die selbigen zum Teil als Beweis für die Richtigkeit der Vorwürfe von Dänikens dienen können. So wird dem Schweizer immer wieder vorgeworfen, er wolle die kulturellen Leistungen der indigenen Völker Asiens, Afrikas, Ozeaniens und Lateinamerikas klein- oder gar wegreden, indem er unterstelle, daß hier eine höhere Rasse die Fäden gezogen habe. An solchen Einwänden nach dem Was-nicht-sein-kann-das-nicht-sein-darf-Schema ist unschwer zu erkennen, wie sehr wissenschaftliche Disziplinen vom Schlage der Archäologie, Anthropologie und Geschichtswissenschaft bereits unter der Kuratel der Politischen Korrektheit stehen; es gehört sich heutzutage einfach nicht mehr, an der Kreativität der alten Ägypter oder Mayas zu zweifeln!

Andererseits haben die Kritiker aber auch durchaus recht, wenn sie der Galionsfigur der „Prä-Astronautik“ Tricks und Manipulationen vorwerfen. Manchmal schoß von Däniken eindeutig über das Ziel hinaus, wie im Falle der Keramiken in UFO-Form, die angeblich aus einer archäologischen Ausgrabungsstätte stammen sollten, jedoch in Wirklichkeit in modernen Töpferwerkstätten entstanden. Darüber hinaus ist er auch schon Schwindlern auf den Leim gegangen – zu nennen wäre hier beispielsweise der peruanische Arzt Dr. Janvier Cabrera, dessen „Steine von Ica“ bestens in das Argumentationspuzzle des Schweizers paßten, aber 1997 samt und sonders als Fälschungen entlarvt wurden. Und mit seiner Behauptung, er sei 1987 mit einem Außerirdischen zusammengetroffen – nachzulesen in dem Buch „Tomy und der Planet der Lüge“ –, hat sich von Däniken natürlich ebenfalls stark diskreditiert.

Aber wie dem auch sei: Der Beliebtheit des Schweizers tut dies alles keinen Abbruch. Deshalb kam bisher auch noch niemand auf die Idee, ihm „rechte“ Tendenzen zu unterstellen, wie das bei ähnlichen Querdenkern durchaus schon geschehen ist – erinnert sei hier nur an Thor Heyerdahl, dessen Gegner mit der Bemerkung hausieren gingen, der norwegische Archäologe und Völkerkundler stehe der Ideologie der Nationalsozialisten nahe (JF 41/14).

Daher ist damit zu rechnen, daß Erich von Dänikens 80. Geburtstag, welcher mit einem großen internationalen Kongreß in Sindelfingen gefeiert werden soll, ohne nennenswerte Disharmonien ablaufen wird. Und vielleicht fällt dort dann auch wieder der Satz, der das Credo des „Ufologen“ wohl am prägnantesten zusammenfaßt: „Es sind die Phantasten, die die Welt in Atem halten, nicht die Erbsenzähler.“

Foto: Blick auf die Festung von Samaipata in Bolivien: Laut Erich von Däniken sollen auf dieser sakralen Felsenfestung der Inka-Kultur, die zum Weltkulturerbe gehört, Raumschiffe außerirdischer Besucher gelandet sein

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen