© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  16/15 / 10. April 2015

Frau Schwesig gibt den Takt vor
„Kampf gegen Rechts“: Die Familienministerin treibt die einseitige Extremismusbekämpfung voran
Christian Schreiber

Der sogenannte „Kampf gegen Rechts“ hat nicht erst seit Tröglitz (siehe Meldung auf dieser Seite) in Deutschland wieder Konjunktur. Der Aufstand „gegen Nazis“ gehört zum Selbstverständnis der Bundesrepublik. Da stört es wenig, daß Verfassungsschützer seit Jahren auf einen kontinuierlichen Anstieg linksextremer Gewalt hinweisen.

Seit Manuela Schwesig im Herbst 2013 für die SPD das Familienministerium übernahm, findet linker Extremismus quasi per Dekret nicht mehr statt. Die sogenannte „Extremismusklausel“, mit der verhindert werden sollte, daß Linksextremisten durch Projekte im „Kampf gegen Rechts“ finanziell gefördert werden, wurde gekippt. Initiativen, die sich gegen linke Gewalt wandten, ließ das Ministerium auslaufen. Statt dessen wurde der staatlich organisierte Kampf gegen den Rechtsextremismus neu organisiert und vor allem auch neu finanziert. 50 Millionen Euro stehen unter dem Dach der Aktion „Demokratie leben“ zur Verfügung, welche Schwesigs Ministerium zum Jahresbeginn ins Leben rief. „In meiner Heimat Mecklenburg-Vorpommern habe ich erlebt, was es bedeutet, wenn Rechtsextreme ganze Dörfer tyrannisieren und im Landtag gegen Flüchtlinge hetzen“, schreibt die Ministerin auf ihrer Internetseite. Die politisch korrekte Auseinandersetzung hat sie zur Chefsache gemacht. Es verging seit Bildung der Großen Koalition kaum eine Kabinettssitzung, in der Schwesig nicht darauf hinwies, daß Anti-Rechts-Projekten mehr Geld zur Verfügung gestellt werden müßten.

Dabei wimmelt es in der Bundesrepublik seit Anfang der neunziger Jahre schon von Organisationen, die teils staatlich finanziert werden, teils von Spendengeldern leben. Über 200 Initiativen im „Kampf gegen Rechts“ verzeichnet die Bundeszentrale für politische Bildung bislang. Ein willkommener Anlaß ließ sich in den vergangenen 25 Jahren immer finden. Waren es zunächst Rechtsextremisten im Osten während der Wendezeit, folgten später die Anschläge von Mölln und Solingen im Westen. Irgendwann schaffte es die NPD wieder in einige Landes- und Kommunalparlamente, dann tauchte die mutmaßliche Terrorzelle NSU auf. Und derzeit versetzen die Proteste gegen Asylbewerber sowie die islamkritischen Pegida-Demonstrationen die Öffentlichkeit in Aufregung.

Üppige finanzielle Ausstattung

Dennoch sieht Ministerin Schwesig angesichts der politischen Umstände den „Kampf gegen Rechts“ nach wie vor schlecht ausgestattet. Die Sozialdemokraten sind beim antifaschistischen Widerstand besonders rege, leisten sich in ihren Landtagsfraktionen eigene „Rechtsextremismussprecher“, die Schwesig von Zeit zu Zeit zu Klausurtagungen einlädt. Dabei monierte die Ministerin vor allem, daß viele Projekte nur auf Zeit gebildet würden, zudem unter einem Finanzierungsvorbehalt stünden. „Das Engagement vor Ort leidet unter Projekteritis. Wir brauchen schlankere Strukturen, es geht nicht alleine ums Geld“, begründete Schwesig die Gründung von „Demokratie leben“. Das Bündnis mit dem Namenszusatz „Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“ hat sich zum Ziel gesetzt, Städte dabei zu unterstützen, „Partnerschaften für Demokratie“ als lokale Bündnisse aufzubauen. Politik, Verwaltung, Vereine, Verbände, Kirchen, Wirtschaft und engagierte Privatpersonen sollen hier gemeinsam eine auf die konkrete Situation vor Ort abgestimmte Strategie entwickeln.

Finanziell üppig ausgestattet, überzieht Schwesigs Antifa-Truppe die Republik derzeit mit Informationsveranstaltungen. Montags in Wuppertal, dienstags in Schwerin, Mittwoch in Minden – das Bündnis läßt keine Region aus. In Landesministerien sollen Ansprechpartner gemeldet werden, auch die Stadtverwaltungen sind aufgerufen, mitzumachen.

Der von Schwesig forcierte „Kampf gegen Rechts“ treibt dabei manchmal seltsame Blüten. Die Amadeu-Antonio-Stiftung, die kürzlich eine Broschüre über „Völkische Siedler“ auf den Markt brachte und damit suggerierte, Rechtsextremisten stünden in ländlichen Gebieten kurz vor der Machtergreifung, arbeitet seit Jahren mit linken Gruppierungen zusammen. Als die Linkspartei die Veröffentlichung in die Hände bekam, nutzte sie die Gunst der Stunde zu einer parlamentarischen Anfrage. Das von Thomas de Maizière (CDU)geführte Innenministerium konnte die Befürchtungen über eine sprunghafte Vermehrung von rechtsextremen Siedlungsprojekten nicht teilen.

Allerdings steht das Innenressort Pate für das Programm „Zusammenhalt durch Teilhabe“, welches den Steuerzahler jährlich sechs Millionen Euro kostet und ebenfalls durch antifaschistische Arbeit in ländlichen Regionen auf sich aufmerksam macht, gelegentlich auch zusammen mit der Amadeu-Antonio-Stiftung. Während die CDU auch nach den Blockupy-Krawallen von Frankfurt (JF 14/15) allenfalls halbherzig gegen die Anti-Rechts-Mission der Familienministerin mobil macht, sorgt sich Schwesig um die Abstimmung mit dem Innenministerium. „Die Wege müssen kürzer werden“, sagte sie bereits vor Monaten. Dürfte unter dem Strich bedeuten, daß langfristig alle Fäden der Antifa-Arbeit bei ihr zusammenlaufen sollen. Am Geld sollte es jedenfalls nicht mangeln. Experten schätzen, daß derzeit rund 150 Millionen Euro in den „Kampf gegen Rechts“ fließen.

Foto: Familienministerin Manuela Schwesig (SPD): Das Engagement treibt mitunter seltsame Blüten

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