© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  16/15 / 10. April 2015

Hoffnung auf ein bißchen Frieden
Richtungsstreit: Mit dem „Osterappell von Weinböhla“ versucht die sächsische AfD, die Wogen in der Partei zu glätten
Marcus Schmidt

Nicht einmal über Ostern herrscht Ruhe. Über die Feiertage ging der Streit in der AfD unvermindert weiter und verstärkte den Eindruck einer in sich tief zerstrittenen Partei.

Doch es gab auch den Versuch, den durch die „Erfurter Resolution“ und die „Deutschland-Resolution“ offen aufgebrochenen Richtungsstreit zu entschärfen. So zumindest kann der „Osterappell von Weinböhla“ verstanden werden, den die sächsischen AfD am Karsamstag auf einem Sonderparteitag beschlossen hat. Darin wird der Versuch gemacht, die sich scheinbar unversöhnlich gegenüberstehenden Lager wieder zusammenzuführen. „Die AfD soll eine bürgerliche Volkspartei werden, welche eine Vielzahl liberaler und konservativer Strömungen zusammenführt“, heißt es in dem Papier mit Blick auf die konkurrierenden Resolutionen. Eine erfolgreiche Entwicklung der AfD setze voraus, „daß wir bei inhaltlichen Auseinandersetzungen hart in der Sache, aber menschlich miteinander umgehen“, so der fast flehentliche Appell. Abseits aller Auseinandersetzungen müsse sich die Partei an die Themen aus dem Gründungsjahr 2013 erinnern. Dazu zähle neben der Europa- und Euro-Kritik („Auch Deutschland muß demokratisch über seine Währung entscheiden dürfen“) unter anderem auch die Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen bürgerlichen Rechten und Freiheiten sowie Wirtschaftsinteressen und eine „vernünftige Einwanderungspolitik“.Daß dieser „Vermittlungsvorschlag“ im seit Wochen tobenden Richtungsstreit ausgerechnet aus dem von AfD-Sprecherin Frauke Petry geführten Sachsen kommt, ist kein Zufall. Petry hatte bislang sowohl zur „Erfurter“ als auch zur „Deutschland-Resolution“ Abstand gewahrt und sich somit für eine Vermittlerrolle ins Spiel gebracht.

Streit um 160.000 Euro

„Der Osterappell faßt zusammen, was nicht nur meinem Landesverband, sondern auch mir persönlich für unsere AfD am Herzen liegt“, schrieb Petry in einem erläuternden Rundbrief an die Mitglieder. Nach zwei erfolgreichen Jahren müsse sich die Partei darauf besinnen, daß die Mitglieder weit mehr politische Inhalte und Forderungen eine als trenne. „Was uns häufig trennt, sind vielmehr persönliche Befindlichkeiten, menschliche Abgründe und die österliche Fähigkeit, über die eigenen Grenzen hinweg zu blicken“, lautete Petrys Fazit. Auch die Initiatoren der „Erfurter Resolution“, die AfD-Chefs von Thüringen und Sachsen-Anhalt, Björn Höcke und André Poggenburg, hatten an dem Parteitag teilgenommen, den Appell allerdings nicht unterzeichnet.

Neben den bisherigen inhaltlichen und persönlichen Auseinandersetzungen kam über Ostern ein weiteres Konfliktfeld hinzu: der Streit um das liebe Geld. Am Karfreitag verschickte AfD-Schatzmeister Piet Leidreiter eine Rundmail an die Mitglieder, in der er Gerüchten entgegentrat, die Partei habe 2014 einen Verlust von 800.000 Euro eingefahren und habe Zahlungsprobleme: „Beides ist eindeutig falsch.“ Richtig sei aber, daß es in der Bundesgeschäftsstelle erhebliche Probleme mit der zeitnahen Buchführung gebe. „Nach der Beurlaubung des Bundesgeschäftsführers sind wir dabei, diese Probleme mit Hochdruck zu lösen und haben erste Entscheidungen getroffen.“

Eine Bemerkung, die der zum 30. Juni entlassene und mittlerweile beurlaubte Bundesgeschäftsführer Georg Pazderski nicht lange auf sich sitzen ließ. Ebenfalls per Mail wies er jede Verantwortung für die Finanzmisere zurück. Im Gegenteil, er habe Parteichef Bernd Lucke nach der Europawahl 2014 darüber informiert, daß 160.000 Euro, die er im Wahlkampf eingespart habe, nicht mehr auffindbar seien. Dem Bundesschatzmeister warf Pazderski vor, niemals den Überblick über die Finanzen der AfD gehabt zu haben. Zugleich bekräftigte er, daß er auf eigenen Wunsch beurlaubt worden sei, da eine vertrauensvolle Zusammenarbeit „mit einigen Bundesvorstandsmitgliedern“ nicht mehr möglich sei.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen