© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/15 / 17. April 2015

Frisch gepresst

Eurasien. Dimitrios Kisoudis‘ Essay über den „neuen Kalten Krieg und das Dritte Rom“ ist ein Feuerwerk aus sarkastischem Witz und sentenziöser Polemik. Die zahllosen Pointen verführen jedoch dazu, den Text nur als leichte, unterhaltsame Kost zu genießen. Tatsächlich aber steckt in den Reflexionen über die jüngsten Züge, die USA, Nato und EU auf dem osteuropäischen Schachbrett riskierten, eine kompakte Kenntnis der russischen Geistes- sowie der Religionsgeschichte der griechisch-orthodoxen Kirche. Wer nicht darüber gebietet, muß sich die aktuelle geopolitische Konfrontation in der östlichen Ukraine als „Aggression Moskaus“ verkaufen lassen. Spätestens am 30. Juni 2013, mit Inkrafttreten des russischen Gesetzes gegen „homosexuelle Propaganda“, so lautet Kisoudis’ These, herrsche in Washington und Brüssel letzte Klarheit darüber, daß die universalistisch-neoliberale US-Schmelztiegel-Ideologie und die zum festen Bestandteil der EU-Politik gewordene „Auflösung der Geschlechterpolarität“ auf den harten Widerstand der „eurasischen“ Gegenmacht treffen, weil sie mit den im byzantinischen Christentum verwurzelten russischen Politik- und Gesellschaftsmodellen unvereinbar sind. (ob)

Dimitrios Kisoudis: Goldgrund Eurasien. Der neue Kalte Krieg und das Dritte Rom. Manuscriptum Verlagsbuchhandlung, Waltrop 2015, broschiert, 120 Seiten, 14 Euro

Ostwall. Die Lage für einen Krieg sei „günstig wie nie“, um die „Befreiung der polnischen Territorien vom deutschen Joch“ zu erwirken, versuchte der polnische Außenminister Józef Beck 1932 Staatpräsident Pilsudski zum Angriff zu ermutigen, wobei er auf die deutschen Ostprovinzen schielte (JF 4/07). Immerhin hatte die 100.000-Mann-Reichswehr der Armee Polens zu dem Zeitpunkt wenig entgegenzusetzen. Die wegen Warschaus aggressiver Absichten bald danach errichtete Festungsfront Oder-Warthe-Bogen blieb als Defensivsystem 1939 weitgehend ungenutzt. Als sich im Januar 1945 die Rote Armee durch das Wartheland in Richtung Oder vorkämpfte, fehlten die Truppen, um die umfangreiche Bunkerstellung westlich von Posen zu besetzen. Die Militärhistoriker André Vogel und Uwe Klar beleuchten detailliert und unter Berücksichtigung russischer Quellen die dort bis Anfang Februar 1945 tobenden Gefechte versprengter Wehrmachtsteile und des Volkssturmes mit den Sowjets. (bä)

André Vogel, Uwe Klar: Brennpunkt „Ostwall“. Die Kämpfe um die Festungsfront Oder-Warthe-Bogen im Winter 1945. Helios Verlag, Aachen 2015, gebunden, 391 Seiten, Abb., 32 Euro