© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/15 / 24. April 2015

Streit um Deutschunterricht in Frankreich
Vergiftetes Kompliment
Thomas Paulwitz

Immer mehr junge Franzosen lernen Deutsch. Das darf nicht sein, meint die französische Bildungsministerin. Die Sozialistin plant, bereits ab 2016 die beliebten Deutschklassen abzuschaffen. In der sozialistischen Republik Frankreich gehen die Kinder bis zur 9. Klasse in eine Gesamtschule. 2003 wurde jedoch die Möglichkeit eingeführt, von der 6. bis zur 9. Klasse vertieft Deutsch zu lernen. Das rettete Deutsch als Fremdsprache vor dem Niedergang. Obwohl der Zulauf groß ist, soll dieses Angebot nun wieder fallen.

Was ist der Hintergrund für diese Entscheidung? Eine Rückkehr zur deutsch-französischen Erbfeindschaft? Die endgültige Vernichtung des Deutschtums im Elsaß? Nichts von alledem ist der Fall. Die in Marokko geborene Bildungsministerin Najat Vallaud-Belkacem hält den Deutschunterricht für „zu elitär“ – ein vergiftetes Kompliment. Wer Deutsch, Latein oder Altgriechisch lerne, hebe sich sozial zu sehr ab; also weg damit, meint die Tochter eines Bauarbeiters, die Französisch nur als Fremdsprache spricht. Arabisch ist ihr näher. Sozialistische Regierungen fürchten sich immer vor guter Bildung. Ein Volk, das gleichmäßig dumm gehalten wird, läßt sich nämlich leichter steuern und ideologisch zwangsbeglücken. Deutsch als Sprache der Denker stört da nur.

Thomas Paulwitz ist Chefredakteur der „Deutschen Sprachwelt“.