© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/15 / 01. Mai 2015

Elisabeth Motschmann. Die Konservative führt die CDU in die Bremer Bürgerschaftswahl
Die lachende Dritte
Bastian Behrens

Von Parteifreunden und Feinden schon häufig totgesagt, erlebt die konservative Politikerin Elisabeth Motschmann einen kometenhaften Aufstieg: Ende 2014 wurde die bekennende Christin und Abtreibungskritikerin Spitzenkandidatin der Bremer CDU für die Bürgerschaftswahl am 10. Mai. Beobachter fragen sich: Soll die gebürtige Adlige auch als Geheimwaffe gegen die AfD in Stellung gebracht werden?

Kein Landesverband der Union hat sich in den vergangenen Jahren so zerstritten wie die Christdemokraten an der Weser. Ursprung der Tragödie: Übervater Bernd Neumann, Landesvorsitzender und Bundestagsabgeordneter, wurde 2008 durch eine Gruppe um Fraktionschef Thomas Röwekamp gestürzt. Doch wer die alte Ordnung verrät, verrät auch die neue: Bald zerstritten sich die Vatermörder heillos und führen seither einen Bruderkrieg. Die Partei sackte bei der Wahl 2011 von 25 auf 20 Prozent ab und landete hinter den Grünen auf Platz drei.

Elisabeth Motschmanns Aufstieg begann 2013 mit ihrer Kandidatur für den Bundestag. Schon damals rieben sich Uneingeweihte die Augen, weil meist nur ein Bremer Christdemokrat die Chance hat, in den Reichstag einzuziehen, und folglich das Alpha-Männchen der Partei diesen Posten für sich beansprucht. Da es aber mehrere etwa gleichstarke Leitwölfe gibt, einigten die sich auf die parteiintern harmlose Elisabeth Motschmann.

Ihre Aufgaben dort erfüllt die 1952 in Lübeck geborene Baroneß von Düsterlohe seither vorbildlich. Repräsentieren kann die in den gutbürgerlichen Gegenden Bremens geschätzte Pastoren-Gattin – verheiratet mit dem konservativen Theologen Jens Motschmann – besser als jeder andere in der Weser-CDU.

Mit dieser Fähigkeit konnte die ehemalige Journalistin und Publizistin ihren Parteifreunden 2014 erneut aus der Patsche helfen: Im September sollte der CDU-Spitzenkandidat für die Bürgerschaftswahl gekürt werden. Es kam, wie es kommen mußte: Die Alpha-Männchen konnten sich nicht einigen. Journalisten überschütteten die Bremer CDU mit hämischen Kommentaren, bis jemandem im CDU-Haus „Am Wall“ die rettende Idee kam: „Motschi machts!“ Parteistrategen verkaufen diese Rettung als genialen Schachzug, denn die konservative Christin werde die zur AfD und den Bürgern in Wut (BIW) desertierenden Stammwähler bei der Stange halten. So könnte Elisabeth Motschmann ein weiteres Mal zur Retterin ihrer Partei werden.

Fraglich bleibt aber, ob sie nach der Wahl im Mai tatsächlich als Oppositionsführerin in die Bremische Bürgerschaft zurückkehren wird. In der Hansestadt geht man eher davon aus, daß die erfahrene Politikerin die „Schlangengrube CDU Bremen“ auf Abstand hält und als Bundestagsabgeordnete repräsentativ im Berliner Reichstag bleibt.