© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/15 / 01. Mai 2015

Vertreibung 1945 und Migration 2015: Demagogische Vergleiche
Freude über die „Mieter von morgen“
(ob)

Mit dem Vorschlag, den übers Mittelmeer anbrandenden Menschenstrom mit Zwangseinquartierungen zu kanalisieren, tat sich Günter Grass ein letztes Mal provozierend hervor. Der Danziger Autor verwies dabei auf das historische Vorbild der Unterbringung der Flüchtlinge und Vertriebenen aus den deutschen Ostprovinzen. Dieser Griff in die Geschichte erfreut sich seit Monaten bei den Regierenden in Niedersachsen und Schleswig-Holstein, den Hauptaufnahmeregionen für die 1945 aus Pommern, West- und Ostpreußen Geflohenen, steigender Beliebtheit. So kreiert etwa, um Sympathiewerbung bei der ostdeutschen Erlebnisgeneration und ihren Nachkommen zu treiben, die Kieler „Küstenkoalition“ von Torsten Albig (SPD) gern die Mär von „Schleswig-Holsteins großer Flüchtlingstradition“. Dabei zeigt ein Vergleich zwischen den Ereignissen von 1945 und dem aktuellen Projekt, den Bevölkerungsüberschuß Afrikas ins bundesdeutsche Sozialsystem zu schleusen, die geschichtsklitternde Demagogie dieser Rede klar auf. Deren Infiltration in den öffentlichen Raum schreitet trotzdem voran, wie der Leitartikel der Norddeutschen Hausbesitzer-Zeitung vom 21. April belegt, die ihre 65.000 Bezieher mit der „Flüchtlingstradition“ von 1945 ködert, damit sie die „Zuwanderer“ von heute aufnehmen, die zudem die „Mieter von morgen“ seien.