© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/15 / 01. Mai 2015

Meldungen

Globalisierung: Im Herzen der Finsternis

BERLIN. Friedrich Engels Werk über „Die Lage der arbeitenden Klasse in England“ (1845) mit seiner plastischen Schilderung „offener, unverschämter Ausbeutung“ und proletarischen Elends gilt als eine der einflußreichsten Kapitalismuskritiken des 19. Jahrhunderts. Der indische Wirtschaftsjournalist Aman Sethi hingegen faßt sich mit seiner Reportage aus dem finsteren Herzen der Globalisierung nicht nur deutlich kürzer (Kulturaustausch, 2/2015). Er verzichtet auch auf jede sozialistische Programmatik, evoziert aber mit der Collage von Arbeiterstimmen, die er in der einst größten Handyfabrik der Welt auffing, ähnlich heftige antikapitalistische Affekte wie Engels. Das Nokia-Werk in der indischen Sonderwirtschaftszone Sriperumbudur produzierte von 2006 bis 2011 über 500 Millionen Handys, drosselte dann den Ausstoß und wurde 2014 an Microsoft verkauft. Der US-Konzern ist inzwischen mitsamt dem „Wanderzirkus an Zulieferern“ ins kostengünstigere Hanoi umgezogen. Zurück bleiben leere Hallen und 30.000 beschäftigungslose indische Mitarbeiter, die Nokia auf ein perfektes Rädchendasein im Fließbandsystem reduziert hatte. (dg)

www.kulturaustausch.de


Mit Türkisch zum Bachelor und Master

WIEN. An der Universität Wien studieren derzeit über 4.000 türkische Staatsbürger. Von diesen strebt mehr als jeder zehnte einen Bachelor-Abschluß in Politikwissenschaften an. Wie das österreichische Migrantenmagazin das biber auf seiner Website berichtet, dürfen die türkischen Studenten in der Sommerpause Prüfungen an Privatuniversitäten in ihrer Heimat beziehungsweise Muttersprache ablegen – so etwa zu Themen wie „Politisches System der EU“ oder „Theoriengeschichte“ –, welche dann in Wien als reguläre Studienleistung angerechnet werden können. Auf diese Weise ist es offenbar sogar möglich, sich bis zum Master durchzumogeln. Das erzeugt zunehmend Unmut unter den nichttürkischen Studenten, welche insbesondere darunter leiden, daß sie zu gemeinsamen Seminaren und Gruppenarbeiten mit ihren sprachunkundigen Kommilitonen verpflichtet werden, in denen diese quasi als Trittbrettfahrer agieren. Trotzdem aber sieht die Universität Wien keinen Anlaß, die Privilegien der türkischen Studenten zu hinterfragen. (wk)

www.dasbiber.at


Erste Sätze

Der Held kommt immer über die Ebene.

Joachim Fernau: Disteln für Hagen. Bestandsaufnahme der deutschen Seele Berlin 1966.


Historisches Kalenderblatt

3. Mai 1945: Auf der Ostsee vor Neustadt/Holstein versenken britische Jagdbomber die mit NS-Häftlingen aus dem KZ Neuengamme besetzten Schiffe „Cap Arcona“ und „Thielbeck“. Dabei kommen etwa 6.400 der insgesamt 7.000 Menschen an Bord ums Leben.