© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de

Frisch gepresst

Demographie. Die eigentliche Innovation der Habilitationsschrift des Privatdozenten für Armuts- und Altersforschung Jürgen Faik liegt in der Methode, nicht im Ergebnis. Faik greift bei seiner akribischen Projektion auf vielerlei ökonomische Modelle zurück und stellt mit seinem „Zerlegungsansatz“ einen eigenen Versuch vor, einkommensbereichsabhängige Äquivalenzskalenwerte (in etwa: normierte Größen zum Vergleich der Einkommen unterschiedlich großer Haushalte) ebenso zu berücksichtigen wie gruppendefinierte Maßstäbe. Demnach ist dieses Modell dynamischer Natur, unterstellt also vermutlich zu Recht die Wandelbarkeit dieser Parameter bis zum Jahr 2060. Am Ende stehe weder „Krieg der Generationen“ noch „Demokalypse“. Als Habilitationsschrift ist die Monographie keine Gute-Nacht-Lektüre, die Kapitelzusammenfassungen lohnen sich aber zur facettenreichen Überblicksgewinnung, um sich eine Meinung in der Debatte um die Auswirkungen des demographischen Wandels in Deutschland zu bilden. (cop)

Jürgen Faik: Demographischer Wandel und Wohlstandsverteilung. Lit Verlag, Berlin 2014, gebunden, 344 Seiten, 44,90 Euro

Erbe der Aufklärung. Primär die Rassenlehre der NSDAP empfand die liberale wie auch kommunistische Gegenpropaganda vor 1933 wie ein Geschenk. Kein anderes Ideologem der Hitler-Bewegung eignete sich besser dafür, um massenwirksam vor dem „Irrationalismus“ dieser „atavistischen“ Partei zu warnen. Erst deutsche Intellektuelle in der Emigration, denen die „Dialektik der Aufklärung“ zu dämmern begann, revidierten dieses plumpe Feindschema. Die hierzulande wie in den USA nach 1980 mächtig aufblühende Forschung zu „Nationalsozialismus und Moderne“ legte dann unzweideutig die gemeinsamen Wurzeln von NS-Weltanschauung und europäischer Aufklärung frei. Solche Einblicke in die „reaktionäre Moderne“ ignorierend, präsentiert Markus von Hänsel-Hohenhausen abermals die Aufklärung als ideellen Ursprung des Dritten Reiches. Das wirkt wie Eulen nach Athen tragen. Aber der katholische Autor meint nicht zu Unrecht, daß viele Zeitgenossen heute immer noch nicht ahnen, wie sie im selben Strom rationalistisch-religionsfeindlicher Entspiritualisierung des Lebens schwimmen, der auch den Nationalsozialismus an die Macht spülte. (wm)

Markus von Hänsel-Hohenhausen: Hitler und die Aufklärung. Der philosophische Ort des Dritten Reiches, August von Goethe Literaturverlag, Frankfurt/M. 2015, 120 Seiten, 18 Euro