© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/15 / 15. Mai 2015

Zeitschriftenkritik: Sprachnachrichten
Die Landessprache lernen und pflegen
Werner Olles

Zur kulturellen und nationalen Identität gehört immer auch die Landessprache, die damit zugleich das wesentliche Mittel sozialer Bindung darstellt. Ihr vor anderen Fremdsprachen den Vorzug zu geben ist in fast allen Ländern der Welt völlig normal. Nur in Deutschland, wo zwar per Gesetz unsinnige Frauen- und Ausländerquoten durchgesetzt werden, weigern sich beispielsweise die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten beharrlich, eine Quote für deutschsprachige Musik einzuführen. Dabei ist die Muttersprache der Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält. Zum Internationalen Tag der Muttersprachen 2015 hat der Verein Deutsche Sprache (VDS) sein diesjähriges Motto daher „Muttersprache – Landessprache – Mitsprache“ genannt.

Die vom VDS vierteljährlich in einer Auflage von 40.000 Exemplaren herausgegebene Zeitung Sprachnachrichten berichtet in ihrer aktuellen Ausgabe (1/2015, Nr. 65) wieder über diverse Angriffe auf die deutsche Sprache. So hat das Oberverwaltungsgericht Berlin im Januar entschieden, daß Ehegatten türkischer Staatsangehöriger für ein Visum vor ihrer Einreise zum Familiennachzug keine deutschen Sprachkenntnisse nachweisen müssen. Dabei fehlt bezeichnenderweise den meisten Zuwanderern die Kenntnis unserer Landessprache, die jedoch für eine gelungene Integration unabdingbar ist.

In einem Interview mit der Schauspielerin und Kabarettistin Luise Kinseher, die für ihr klares Deutsch bekannt ist, beklagt diese, daß „im Zeitalter von Wikipedia ein großes Allgemeinwissen zunehmend sinnlos scheint und für Kurznachrichten Rechtschreibung und Sprachfertigkeit überflüssig wird“. Doch führe dies zu Verblödung und geistiger Verarmung. Auch gehe „stilistische Schönheit“ vor „geschlechtsneutraler Sprache“, die vieles umständlich und unsinnig mache. Eher ernüchternd ist hingegen das Faktum, daß Deutsch als Wissenschaftssprache in Deutschland zugunsten der Einheitssprache Englisch immer weiter in den Hintergrund gedrängt wird. Dabei können wichtige Inhalte und Fragen verlorengehen, wenn Publikationen nicht in der eigenen Muttersprache verfaßt werden, wie der Sprachwissenschaftler Jürgen Trabant von der Freien Universität Berlin über die Folgen der alleinigen Wissenschaftssprache Englisch urteilt. Zudem werde die deutsche Sprache, wenn sie in der Wissenschaft nicht genutzt werde, „ärmer und sozusagen immer weiter reduziert auf ein Sprechen im Haus“. Trotz dieser Erkenntnisse will die TU München demnächst in der Lehre fast nur noch die englische Sprache zulassen und werden in Forschung und Wissenschaft immer mehr Sitzungen in englischer Sprache abgehalten. Negativer Höhepunkt dieser deutschen Unterwerfung ist, daß in dem nun geltenden amerikanischen Zitationsindex alles, was in der Vergangenheit liegt und nicht auf englisch veröffentlicht wurde, nicht mehr zitiert wird. So verschwinden alle deutschen Veröffentlichungen und Forschungsergebnisse und haben schließlich nie existiert.

Kontakt: Verein Deutsche Sprache, Postfach 104128, 44041 Dortmund, Tel.: 0231 / 7 94 85-20. Das Einzelheft kostet 1,80 Euro.

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