© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 23/15 / 29. Mai 2015

EU-Gipfel in Riga
Alles bloß Taktik?
Thorsten Hinz

Angela Merkel hat im Bundestag erklärt, die 2009 ins Leben gerufene „Östliche Partnerschaft“ sei „kein Instrument der Erweiterungspolitik der EU“. Das klingt vernünftig. Die Aufnahme bankrotter und mafiös regierter Nachfolgestaaten der Sowjetunion würde die EU territorial überdehnen, wirtschaftlich überfordern und politisch endgültig handlungsunfähig machen. Auch liegt es weder im deutschen noch im europäischen Interesse, sich Moskau gegenüber der  Handlungsfreiheit zu berauben, indem man es provoziert und sich zum Feind macht. Die Stellung der EU als Nato-Filiale und Mündel der USA wäre damit zementiert. 

Aber handelt es sich wirklich um einen außenpolitischen Emanzipationsversuch der Kanzlerin, und steht endlich einmal ein strategischer Entwurf dahinter? Merkel wird gelegentlich als „mächtigste Frau der Welt“ bezeichnet. 

Doch hinsichtlich ihrer politischen Gestaltungskraft ist sie die schwächste Amtsinhaberin seit 1949. Ihr ist zuzutrauen, daß die Absage an eine neue EU-Erweiterungsrunde lediglich ein taktisches Manöver darstellt, mit dem sie sich zu Hause als Kämpferin für deutsche Anliegen empfiehlt, während sie auf der internationalen Bühne schon wieder einknickt und der Beschädigung deutscher und europäischer Interessen zustimmt.