© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 23/15 / 29. Mai 2015

Alternative zum Staatsmonopol
Freiheitsfreunde: Frank Schäffler, Aaron Koenig und Steffen Krug diskutierten über die Chancen von Bitcoin
Cornelius Persdorf

Liebe und Freiheit, Frieden und Sicherheit: Keine menschliche Sehnsucht bleibt vom Einfluß des Geldes verschont. Dessen Schicksal liegt nach Ansicht der drei libertären Referenten in der Hand des Staates – noch. Aaron Koenig präsentierte sich als Visionär der Diskussionsrunde. Er sieht in Bitcoin die Erfüllung des Traumes von Wirtschaftsnobelpreisträger Friedrich August von Hayek: den Traum von der Aufhebung des staatlichen Geldmonopols, das den Bürger auf den „Pfad in die Knechtschaft“ führt. 

„Wir leben jetzt in einer Zeit des technologischen Wandels“, so der Kommunikationswirt und ehemalige Bundesvorstand der Piraten und späteres Gründungsmitglied der Partei „Die Freiheit“. Wenn fiskalisches Staatsversagen auf Internetfähigkeit der Bürger trifft, entsteht der Nährboden für die parallele Kryptowährung. Koenig sieht Argentinien als eine Art Biotop für den Bitcoin-Tausch. „Überall sieht man Schwarzmärkte – patriotisch Blaumärkte genannt –, in denen die Leute Pesos in Dollar umtauschen.“ Die Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts sprichtwörtlich reichen Argentinier seien im Laufe ihrer jüngeren Geschichte mehrmals per Inflation enteignet worden.

Inflationsgefahr begünstigt Akzeptanz von Bitcoin

Bitcoin bietet nun eine elegante und diskrete Möglichkeit aus dem weichen Peso zu fliehen, was nach Koenigs Auffassung den regen Zulauf der Gauchos für die Kryptowährung erklärt. „Bargeld kann an der Grenze von Hunden erschnüffelt werden. Bitcoin nicht“, erklärte Koenig, der die Veranstaltung zur Vorstellung seines neu erschienenen Buches „Bitcoin – Geld ohne Staat“ nutzte. Die argentinische Regierung kontrolliert den Kapitalverkehr und verhindert nach Kräften eine weitere Schwächung des argentinischen Pesos durch Umtausch in Dollar. Als eigentliches Zahlungsmittel spielt Bitcoin bisher eine untergeordnete Rolle. Als Skeptiker der Dreierrunde fungierte Steffen Krug, Gründer des Hamburger Instituts für Austrian Asset Management. Dieses unterhält ein sogenanntes Mark Banco Depositum nach altem hanseatischem Vorbild: Die Währung Mark Banco wird ganz klassisch zu hundert Prozent durch in der Schweiz gelagerte Edelmetalle gedeckt. Auch wenn er Bitcoin für eine grundsätzlich gute Idee hält, sieht Krug die Schwachstelle eines fehlenden Gegenwertes in der virtuellen Währung. 

„Bitcoin ist keine virtuelle Währung! Der Euro ist eine virtuelle Währung“, widerspach Koenig, der von Beruf unter anderem Werbefilme für Bitcoins („Bitfilms“) produziert. Banken könne man verstaatlichen, Goldreserven konfiszieren, aber die vollkommen transparente Schöpfung der Bitcoins via Internet („Mining“) verunmögliche die unbemerkte Manipulation dessen Wertes. „Da ist die Wahrscheinlichkeit höher, daß ein Komet aus purem Gold auf der Erde einschlägt und somit das Gold entwertet“, konterte Koenig Krugs Einwand, der Staat könne Einfluß auf die Kursentwicklung der Kryptowährung nehmen.

Der Euro-Rebell und ehemalige FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler vermittelte dem etwa 25 Köpfe starken Publikum, daß Bitcoin eine indirekte positive Rückwirkung auf konventionelle Währungen haben könnte. Der Wettbewerb der Währungen werde verschärft, der Abwertungswettlauf der großen Weltwährungen im besten Falle gestoppt. Weil sich dadurch der Spielraum der staatlichen Geldvermehrung verkleinert und Schulden nicht mehr weginflationiert werden können, würde ein wichtiger Anreiz zum Schuldenmachen wegfallen.

„So könnte eine natürliche Schuldenbremse entstehen, die auch funktioniert. Die jetzige funktioniert ja nicht“, sagte Schäffler. Der Gründer des libertären Netzwerks Freiheitsfreunde sieht in Deutschland relativ schlechte Bedingungen für einen Siegeszug des Geldes mit dem Doppelbalken-B. „Der Kapitalstock ist noch da.“ Deutschland zehre von den Reserven seiner erfolgreichen Wirtschaftspolitik, der Leidensdruck sei nicht mit jenem in Argentinien vergleichbar. Zudem schränke die Rechtsunsicherheit in Deutschland die Verbreitung von Bitcoin ein.

Möglichkeit zum Währungstausch

Alle Vortragenden waren sich einig, daß Kryptowährungen wie Bitcoin die Welt verändern können. Dabei stand die Überlegung im Fokus, inwiefern solche Währungen historischen Innovationen – wie dem Buchdruck und dem Internet – folgen und den Konflikt zwischen Staat und Bürgern zugunsten der letztgenannten entscheiden werden. Krug zeigte sich pessimistisch, Koenig verwies auf das durch den Buchdruck verlorene Informationsmonopol der katholischen Kirche. Aus dem Auditorium kam der Einwand, die Inquisition habe sich ja ebenfalls überlebt.

Koenig sieht darüber hinaus auch in Afrika gute Bedingungen für eine Kryptowährung. Auch wenn es im Schwarzen Kontinent an vielem mangele: „Alle haben ein Handy“ und somit die Möglichkeit zum Währungstausch und zum Handel mit Bitcoin. Letztlich entscheide die Haltung der Politik, wie schnell und reibungslos sich eine alternative Währung durchsetzen könne. Die Frage ist laut Koenig: „Haben wir dann einen Ludwig Erhard oder einen Erich Honecker?“





Unkonventionelle Währung Bitcoin

Bitcoin ist ein weltweites dezentrales Zahlungssystem. Mit Hilfe kryptographischer Technik wird eine Geldmenge einer bestimmten Person zugeordnet und der Ablauf von Transaktionen gesichert. Diese werden per Querkommunikation (Kommunikation unter Gleichberechtigten, Peer-to-Peer) via Internet getätigt, mittlerweile gibt es jedoch auch Bitcoin-Münzen. Das Guthaben wird auf Nutzerprofilen gespeichert. Das besondere an Bitcoin ist, daß für die Überweisungen keine zentrale Kontrollinstanz benötigt wird. Somit entzieht sich die Währung dem staatlichen Zugriff. Die Vermehrung des Geldes erfolgt durch eine kontrollierte Mengenerhöhung durch den Nutzer („Mining“) und ist bis zum Jahr 2033 auf 21 Millionen begrenzt. Als Erfinder gilt Satoshi Nakamoto, allerdings ist nicht bekannt, wer sich hinter diesem Namen verbirgt, da sich die Person oder Gruppe bis heute nicht zu erkennen gegeben hat. Kritiker behaupten, Bitcoin folge dem Ponzi-Schema, sprich, die Gewinnausschüttung werde nur mit den Beiträgen von Neuzugängen gedeckt. Demnach sei das System qua natura instabil. 

Libertäres Netzwerk Freiheitsfreunde: freiheitsfreunde.org

Bitcoin-Seiten von Aaron Koenig: www.bitfilm.com

Institut für Austrian Asset Management: www.ifaam-institut.de

Weblog von Frank Schäffler:  frank-schaeffler.de