© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/15 / 05. Juni 2015

Zeitschriftenkritik: Walden
Wildnis für Anfänger
Elena Hickman

Geht ein Hipster in den Wald ... Was klingt wie der Beginn eines schlechten Scherzes, könnte genausogut auch die Zeitschrift Walden zusammenfassen. Walden ist die neue Neon für Outdoor-Männer ab 30 Jahren. Wohlgemerkt Männer, denn obwohl einige der Autoren Frauen sind, werden die ansonsten ignoriert. Vielleicht taucht deshalb die erste Frau auch erst auf Seite 18 auf – und die ist netterweise dann nackt. 

Die Fans von Walden, schreiben die beiden Herausgeber Harald Willenbrock und Markus Wolf, leben vorwiegend in der Stadt, stehen voll im Beruf, sind in der digitalen Welt zu Hause und nutzen Apple. Keine Natur-Profis also, aber „Outdoor-Enthusiasten, die wie wir in der Natur nicht den Thrill, sondern das Erlebnis suchen“. 

Ganz nach dem Vorbild Henry David Thoreaus, des amerikanischer Schriftstellers des 19. Jahrhunderts. Thoreau nahm sich eine zweijährige Auszeit am Walden Pond, schrieb das Buch „Walden oder Leben in den Wäldern“ und wurde damit sozusagen Stammvater für das neue Magazin. 

Allerdings fordert die Zeitschrift niemanden zum Komplett-Ausstieg heraus, es reicht beispielsweise schon ein Wochenendausflug oder ein „Mikro-Abenteuer“. Die Beschreibung dafür ist genauso einfach wie genial: „Setze eine Kaffeetasse auf eine Karte und zeichne einen Kreis drumherum. Sobald du den Kaffee ausgetrunken hast, gehst du los.“

Das Heft besteht aus einer schönen Mischung aus allerhand Nützlichem – und weniger Nützlichem („Vom penislosen Leben der Eule“ oder „Ein Hoch auf die Arschbombe“) – Wissen über die Natur. Es gibt gut recherchierte Wanderwege, die liebevoll vom Autor in einer handgezeichneten Karte festgehalten wurden, eine Anleitung für das „Einsamer-Wolf-Wochenende“ und für den Teilzeit-Digitalverweigerer ein Heftchen zum Herausnehmen. Darin werden Naturphänomene im Frühling und Herbst erklärt. Die Herausgeber haben sich sogar an den Bau eines Sechs-Stunden-Kanus gemacht, und obwohl sie insgesamt elf Stunden gebraucht haben, ist ihr Bericht davon faszinierend.

Es macht Spaß, das Heft durchzublättern. Die Bilder, Graphiken und Zeichnungen sind prächtig und die Texte und Beschreibungen witzig. Allerdings wird dieser Humor manchmal etwas überstrapaziert. Bringt auf Seite 43 das Wortspiel „Endlich Feuerabend“ den Leser noch zum Schmunzeln, wird „Ende Gelände“ (Seite 138) dann schon absehbar. 

Passend für alle Liebhaber der Natur bestehen die 139 Seiten nicht aus Hochglanz-, sondern aus rauhem Papier. Bisher plant der Verlag Gruner & Jahr die Zeitschrift zweimal im Jahr herauszugeben. Das nächste Heft ist für den Herbst angekündigt, „rechtzeitig zur Baumfäll- und Hüttenbausaison“, wie es in der Verlagsmitteilung heißt. Vielleicht wird passend dazu dann auch ein Erste-Hilfe-Kurs im „Wundenverbinden“ angeboten.


Kontakt: G+J GmbH & Co KG, Am Baumwall 11, 20459 Hamburg, Telefon: 040 / 37 03 50 03. Das Heft kostet 7,50 Euro. www.walden-magazin.de