© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/15 / 05. Juni 2015

„Homeland“-Abklatsch auf französisch
Ein ZDF-Actionfilm über eine Kriegsreporterin im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet überzeugt nicht
Henning Lindhoff

Spielt Samuel L. Jackson nun an der Seite von Claire Danes alias Carrie Anne Mathison in der vierten Staffel von Homeland? Auf diesen Gedanken werden GEZ-genarrte Bürger kommen, unternehmen sie am Montag einen weiteren verzweifelten Versuch, Mehrwert aus ihrer „Demokratieabgabe“ zu quetschen. Landen sie dabei im Spätprogramm beim ZDF, werden sie jedoch nicht eine neue Folge der herausragenden US-Serie „Homeland“ erblicken, sondern einen faden französischen Actionfilm.

In diesem mimt Diane Kruger als Kriegsreporterin Elsa die Carrie-Mathison-Kopie und Jackson-Verschnitt Djimon Hounsou alias Soldat Kovax ihren glorreichen Retter. 90 Filmminuten vor Elsas Erlösung recherchiert sie gemeinsam mit ihrem Assistenten Amin, gespielt von Mehdi Nebbou, zu einer Story über die Afghanin Maina (Morjana Alaoui), die als junges Mädchen an ihren Mann verkauft wurde. Jener Ahmed Zaief (Raz Degan) ist Mitglied der Taliban. Er entführt Elsa nebst Assistenten und verschleppt sie nach Pakistan. Wie es das Drehbuch will, kann nun nur noch eine französische Spezialeinheit unter der Leitung von Kovax helfen. Die Spezialeinheit kann Elsa und Amin befreien. Beim Versuch jedoch, Pakistan zu verlassen, wird das Funkgerät zerstört und der rettende Hubschrauber kann nicht gerufen werden. Nun müssen die Soldaten und ihre Schützlinge über ein riesiges Gebirge nach Afghanistan wandern, wo sich die sichere Militärbasis befindet.

Der Streifen ist gut besetzt. Und auch wenn die teils sehr hektischen Schnitte und die rasante Erzählweise Anlaß zur Kritik bieten, hat er auch optisch, trotz eines recht schmalen Budgets von zehn Millionen US-Dollar, manches Leckerchen zu bieten. Die Sets und Landschaften erscheinen stilsicher ausgewählt, die Szenen und die Kulissen einwandfrei umgesetzt. Mit der optischen Präsentation kann der Plot des Films jedoch kaum mithalten. Der politisch wie geschichtlich gebildete Zuschauer wird regelmäßig das nötige Maß an Authentizität vermissen. Und auch so manche Handlungsabläufe wirken, gelinde gesagt, wenig durchdacht. Kovax und seine Mitstreiter verwenden in vielen Szenen keine Handschuhe und nicht die übliche taktische Kleidung, dazu Waffen, die in französischen Spezialeinheiten nicht gebräuchlich sind. 

Französische Eliteeinheiten  tauchen zu selten auf

Den unfreiwilligen, aber lächerlichen Höhepunkt der Absurditäten bildet sicherlich das künstlich-melodramatisch aufgepumpte Ende des Films, als die Reporterin Elsa die zwei letzten Soldaten des Rettungstrupps hinter sich lassen muß, anscheinend tagelang und dazu noch denkbar schlecht ausgerüstet durch Wüsten und über Berge irrt, und dann dank eines unfaßbaren Zufalls von französischen Soldaten gefunden wird. Doch das größte Wunder des Plots wartet wenige Minuten später auf die sichtlich entkräftete Journalistin, als die Crew ihres Rettungshubschraubers auch noch die beiden zurückgelassenen Soldaten ausfindig machen kann.

Insgesamt wirkt der Film trotz so mancher stilistischer Finesse doch viel zu nah und ebenso plump an die klassischen Genrevertreter aus den Vereinigten Staaten angelehnt worden zu sein. Warum die Autoren nicht viel mehr die Charakteristika französischer Eliteeinheiten in Szene setzen ließen, ist aus kommerzieller Sicht verständlich, bleibt aber aus ästhetischer Sicht ein Rätsel. Auch die Dialoge wirken wie aus dem Textbaukasten Hollywoods für oberflächlich kriegskritische Filmchen entnommen. Die Sinnhaftigkeit der militärischen Interventionspolitik wird zwar das eine oder andere Mal von den schablonenhaft wirkenden Protagonisten angesprochen – eher aber, um den Schein eines Anti-Kriegsfilms zu wahren, als um einen wahrhaftigen politischen Standpunkt einzunehmen. 

Am Ende bleibt ein wenig spektakulärer Actionstreifen mit ein bißchen Humor, einer kleinen Romanze, vielen altbekannten Klischees und Versatzstücken sowie wenig neuen Ideen.