© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 25/15 / 12. Juni 2015

Kein Einsatz wie jeder andere
Tag der Bundeswehr: 60 Jahre nach ihrer Gründung begeht Deutschland erstmals einen Gedenktag zum Bestehen seiner Streitkräfte
Felix Lehmann

Am Sonnabend findet der erste „Tag der Bundeswehr" statt. Die Bundeswehr will den Bürgern Offenheit demonstrieren und eine „Armee zum Anfassen" sein. Doch auch wenn die Kasernentore an bundesweit 15 Standorten geöffnet werden, ist in nur drei Städten ein Programm in den Stadtzentren geplant. In Bonn, Wilhelmshaven und Koblenz stellen sich die Soldaten dem Gespräch in den deutschen Fußgängerzonen. Die Bundeswehr rechnet mit bis zu 400.000 Besuchern. Schwerpunktthema sind neben dem Gründungsjubiläum der Bundeswehr auch die Feierlichkeiten „25 Jahre Armee der Einheit".

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will die Streitkräfte als attraktiven Arbeitgeber präsentieren. „An diesem Tag wollen wir die ganze Vielfalt der Bundeswehr zeigen, die Traditionen, die gewachsene Verbundenheit mit allen Ebenen der Gesellschaft, aber auch die Chancen und Möglichkeiten, die die Bundeswehr als Arbeitgeber bietet", sagte die Ministerin.

Teil der neuen „Attraktivitätsoffensive"

Der neue „Tag der Bundeswehr" ist Teil der „Attraktivitätsoffensive", die die Ministerin den Streitkräften jüngst verordnet hat. Den von Dauerreformen geplagten Soldaten soll der Dienst durch flexible Arbeitszeiten, kostenlose Telefongespräche mit Angehörigen und verbesserte Kinderbetreuung versüßt werden.

Doch nicht jeder in der Armee hat Verständnis für die Pläne der ehemaligen Familienministerin. Von Ex-Generalinspekteur Harald Kujat mußte sich die siebenfache Mutter nach ihrem Amtsantritt anhören, sie führe die Bundeswehr „wie eine Hausfrau, die ihre Kinder versorgt".

Mit dem Ehrentag soll der Rückhalt der Truppe in der Bevölkerung gefestigt werden. Schon 2005 kritisierte Ex-Bundespräsident Horst Köhler das „freundliche Desinteresse" der Deutschen an ihrer Armee. Deutschland ist in der Tat Nachzügler, wenn es um die öffentliche Anerkennung seiner Soldaten geht. Fast jeder Staat der Welt feiert mit viel Pathos den Stellenwert seiner Streitkräfte. In Deutschland tritt die Bundeswehr eher selten in die Öffentlichkeit. Bis Politiker sich dazu durchringen konnten, gefallene Soldaten auch als solche zu bezeichnen und ihnen ein Ehrenmal zuteil werden zu lassen, mußten viele Zinksärge aus Afghanistan überführt werden. Daß nun irgendwo außerhalb Berlins eine Gedenkstätte errichtet wurde, werten Beobachter zumindest als kleinen Fortschritt. Trotzdem vergingen Jahre, bis der Bundestag der Realität des als „Stabilisierungsmission" verniedlichten Kampf- und Kriegseinsatzes in Afghanistan Rechnung trug und angemessene Ausrüstung zum Schutz seiner Soldaten bewilligte. Auch die gezielten Attacken auf Bundeswehrangehörige, wie sie in Deutschland regelmäßig von Linksradikalen verübt werden, sind in anderen Ländern völlig undenkbar.

Doch der Gleichgültigkeit mancher Politiker zum Trotz, genießt die Bundeswehr laut einer Studie des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften breite Anerkennung in der Bevölkerung. Neun von zehn Befragten halten es für selbstverständlich, daß Deutschland eigene Streitkräfte hat. Für sie ist die Bundeswehr ein normaler Teil der Gesellschaft.

Doch linke Bündnisse wollen das Auftreten der Bundeswehr im öffentlichen Raum nicht dulden. Das „Bonner Friedensbündnis" etwa beklagt, der „Tag der Bundeswehr" konterkariere alle Bemühungen um Friedenserziehung. Forderungen wurden laut, die Stadt Bonn solle der Bundeswehr keinen öffentlichen Raum für die „Propagandaschau" zur Verfügung stellen. Daß die Bundeswehr mit ihrer Werbeoffensive auch Kinder und Jugendliche anspreche, verstoße gegen die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen. Ein anderes Friedensbündnis empört sich über die „pietätlose" Wahl des Bonner Veranstaltungsortes, da dort die nationalsozialistischen Bücherverbrennungen stattgefunden hatten. Kampagnen gegen Jugendoffiziere an den Schulen oder den „Showroom" der Bundeswehr in Berlin stoßen ins gleiche Horn.

Solange das „freundliche Desinteresse" in der Bevölkerung anhält, wird sich an der öffentlich zur Schau gestellten Mißachtung der Streitkräfte wohl nichts ändern. Vielleicht regt der „Tag der Bundeswehr" die Öffentlichkeit zum Umdenken an.