© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 27/15 / 26. Juni 2015

Hauen und Stechen
Liberalismus: Streit um Kurs der Hayek-Gesellschaft
Henning Hoffgaard

Wieviel Meinungsfreiheit darf es sein? Wieviel Konservatismus verträgt die liberale und libertäre Szene in Deutschland? Ausgerechnet in der Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft werden diese Fragen nun diskutiert. Ausgangspunkt ist ein Beitrag der Vorsitzenden Karen Horn in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, in der sie vor einer Unterwanderung der Liberalen durch „Reaktionäre“ warnte. In der JUNGEN FREIHEIT widersprach ihr daraufhin der Initiator der Gesellschaft, Erich Weede (JF 24/14).  Nun ist klar, wen Horn meinte. Es gehe um Organisationen, die „politisch heikel“ seien, schrieb Horn in einer E-Mail an die Mitglieder. Namentlich werden die JF und das libertäre Magazin Eigentümlich frei genannt. 

Horn, der vereinsintern seit längerem ein „autokratischer Führungsstil“ vorgeworfen wird, sieht sich nun heftiger Kritik ausgesetzt. „Die Entwicklung unserer Hayek-Einrichtungen bereitet mir Kummer“, schrieb der Wirtschaftsphilosoph Gerd Habermann der Vorsitzenden ins Stammbuch. Habermann ist Vorsitzender der Friedrich August von Hayek-Stiftung. Die Stiftung verwaltet einen großen Teil des Vermögens, aus dem die Aktivitäten der Gesellschaft finanziert werden. Ohne ihn geht nichts. Habermann, der pikanterweise im Redaktionsbeirat von Eigentümlich frei sitzt, setzte der 48jährigen nun die Pistole auf die Brust: „Hat Hayek nicht den Wert von Traditionen und Sitten als geronnenen Werthaltungen betont? Gewiß ist er da auch nur einer der von ihr abgelehnten ‘Wertkonservativen’!“ Im Klartext: Horns Angriff auf die „Reaktionären“ ist auch ein Angriff auf den 1992 verstorbenen Hayek. Habermann spricht deswegen von einem „Generalangriff“ auf „unser bisheriges Selbstverständnis“. Eine „fruchtbare Zusammenarbeit mit ihr ist nun wohl kaum mehr möglich“. 

Unterstützung erhält er via E-Mail von zahlreichen Mitgliedern. „Wir brauchen keinen wissenschaftlich verbrämten Gesinnungs-Tüv, sondern den ungehinderten, fruchtbaren Austausch von Argumenten“, fordert etwa Vera Lengsfeld. „Die Wahrheit ist doch die, daß die liberale Position immer stärker mainstreamisiert beziehungsweise sozialdemokratisiert wird“, schrieb der Ökonom Thorsten Polleit. Dieser „Zeitgeist“ dürfe nicht in die Hayek-Gesellschaft einziehen. Zudem kursiert eine Rücktrittsaufforderung an Horn, die zwanzig namhafte Mitglieder unterschrieben haben. An diesem Freitag treffen sich die rund 400 Hayekianer in Leipzig. Dabei wird es auch um Horns Zukunft gehen.