© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 27/15 / 26. Juni 2015

Rote Karte für die Roten
Dänemark: Mit dem Wahlsieg setzt der Blaue Block Zeichen / Dänische Volkspartei Zünglein an der Waage
Gunnar Dietz

Der abgewählte dänische Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen, Parteivorsitzender der rechtsliberalen Venstre, verfügte über hellseherische Fähigkeiten, als er im September 2011 der Wahlsiegerin Helle Thorning-Schmidt gratulierte und humorvoll ergänzte: „Ich werde die Schlüssel der Staatskanzlei übergeben und sage: Liebe Helle, paß bitte auf die Schlüssel auf. Sie sind nur geliehen.“

Knapp vier Jahre später half  der Sozialdemokratin auch das Winken mit umgerechnet gut fünf Milliarden Euro zusätzlicher Sozialausgaben nicht mehr. Die Dänen zeigten dem Roten Block angesichts der stagnierenden Wirtschaft und der alles dominierenden Debatte um Einwanderungs- und Antiterrorpolitik die rote Karte. Zwar konnten die Sozialdemokraten bei der Folketingwahl in der vergangenen Woche noch leicht zulegen. Die Stützen ihrer Minderheitenregierung, explizit Radikale Venstre und Sozialistische Volkspartei, stürzten jedoch ab. 

Einwanderungspolitik soll verschärft werden  

Wie Phönix aus der Asche erhob sich dagegen die Dänische Volkspartei (DF). Mußte sie 2011 im Vergleich zur Wahl 2007 einen Verlust von 1,6 Prozentpunkten hinnehmen, so konnten die Rechtsbürgerlichen nun ihren Stimmanteil fast verdoppeln. Mit 21,2 Prozent sind sie nach den Sozialdemokraten zweitstärkste Partei im Folketing. Parteivorsitzender Kristian Thulesen Dahl jubelte über das beste Wahlresultat der 20 Jahre jungen Partei und unterstrich: „Jetzt sind wir auf dem Weg zu einer echten Volkspartei, wie wir das schon seit vielen Jahren angestrebt haben.“

Doch zur Führung des Blauen Blocks, der eine denkbar knappe Mehrheit von 90 zu 89 Sitzen vorweisen kann, mochte sich Thulesen Dahl nicht durchringen. Die Sondierungsgespräche übernahm Løkke Rasmussen, dessen rechtsliberale Venstre ebenso wie die DF einen einwanderungskritischen Wahlkampf geführt hatte. 

Doch so leicht wie es auf den ersten Blick erschien, zeigte sich die Regierungsbildung nicht. Die Möglichkeit einer  Mehrheitsregierung wischte der 51jährige schnell vom Tisch. Zu groß seien die Differenzen zwischen vier Parteien. Schnell wurde das Thema einer durch Venstre geführten Minderheitsregierung als einzig gangbare Lösung für eine erfolgreiche  Arbeit des  Blauen Blocks favorisiert.

Als Zünglein an der Waage setzte  Thulesen Dahl bereits auf der Wahlparty Zeichen. „Wir müssen Flüchtlings- und Einwanderungspolitik voneinander trennen“, ließ er verlauten. Asylerleichterungen sollten wieder aufgehoben werden. „Wir müssen die EU reformieren, Großbritannien wird ein enger Verbündeter sein“, unterstrich er und erhielt den größten Beifall, als er für die Wiedereinführung der Grenzkontrollen plädierte. 

Ob die DF als Juniorpartner Løkke Rasmussens Regierungsverantwortung übernimmt oder ihn nur unterstützt, ließ Thulesen Dahl offen: „Unser Wunsch ist eine Minderheitsregierung, und wir treten in eine solche Regierung ein, wenn die Grundlagen dafür stimmen“, erklärte der 45jährige am vergangenen Montag. Zwei Tage vorher hatte er noch betont, „außerhalb der Regierung“ agieren zu wollen.  Angesichts der vielen Wünsche, die auch die Liberale Allianz und die stark dezimierten Konservativen äußerten, ließ Løkke Rasmussen Mitte dieser Woche via Facebook verlauten, daß er alles erst einmal „verdauen“ müßte. 

Foto: Anders Samuelsen (Liberale Allianz, l.), Lars Løkke Rasmussen (Venstre) und Kristian Thulesen Dahl (Dänische Volkspartei): Nach dem Wahlsieg geht es nun um künftige Posten und Positionen