© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/15 / 03. Juli 2015

Deutschland vervierfachte 2014 seine Auslandsinvestitionen
Potential für Erpressungen
Albrecht Rothacher

Jede alpine Musikkapelle weiß: „Ohne Göld, ka Musi.“ Deshalb ist die Analyse der Kapitalströme so wichtig. Wer gibt weltweit den Takt an, wer liefert das Kapital? Der Investitionsbericht der Welthandels- und Entwicklungskonferenz (Unctad) gibt interessante Antworten. Obwohl die Kapitalströme 2014 insgesamt rückläufig waren, stiegen die Leistungen der Hauptgeberländer stark an.

Deutschland allein vervierfachte seine Kapitalexporte auf 112 Milliarden Euro. China hat als Kapitalhaupt­empfängerland die USA abgelöst. Gleichzeitig haben drei der vielgepriesenen BRICS-Staaten – Brasilien, Rußland und Südafrika – stark verloren. Ihr Rohstoffboom ist vorbei, ohne daß sie ihre industrielle Wettbewerbsfähigkeit gestärkt hätten. Stattdessen fließen die Investitionen zu den hochproduktiven Asiaten: neben China nach Vietnam, Thailand, Taiwan, Indonesien – und Indien, sollte Premier Narendra Modis Kampf gegen den lähmenden Bürokratismus erfolgreich sein. Warum exportieren Deutschland und Japan so viel Kapital? Die Firmen sitzen auf Bergen an Bargeld und aufgelaufener Gewinne, für die es auf den Geldmärkten kaum noch seriöse Anlagemöglichkeiten gibt. Die eigenen Märkte stagnieren strukturell, oder sind, wie in Japan, wegen Alterung und Bevölkerungsschwund rückläufig.

Unternehmen müssen nahe an den Kunden im Ausland produzieren. Dazu kommen hohe Steuer- und Verwaltungslasten sowie Energie-, Arbeits-, und Transportkosten zu Hause. Ob die Rechnung – die Asiaten arbeiten und finanzieren mit den Gewinnen unsere Renten und den Sozialstaat – aufgeht, darf bezweifelt werden. Gerade die wachsende Abhängigkeit vom chinesischen Markt und den eigenen Fabriken dort bringt auch eine hohe politische Abhängigkeit und ein Potential für Erpressungen durch Pekinger Kommunisten.

Unctad-„World Investment Report 2015“:  unctad.org