© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/15 / 03. Juli 2015

So beliebt wie nie zuvor
In den Album-Charts dominiert deutsche Musik
Thomas Paulwitz

Deutsche Musik brummt. Das ist in diesem Fall nicht akustisch gemeint, sondern wirtschaftlich. In der vergangenen Woche stammten erstmals die besten Zehn der offiziellen Deutschen Album-Rangliste von deutschsprachigen Künstlern, wie die GfK Entertainment ermittelte. „Deutschsprachige Musik ist so beliebt wie nie zuvor“, stellte deren Geschäftsführer Mathias Giloth fest.

Trotzdem boykottieren die öffentlich-rechtlichen Hörfunksender immer noch weitgehend die Landessprache und senden am Volk vorbei. Es scheint eine inoffizielle 90-Prozent-Quote für englischsprachige Lieder zu geben, die gegen alle Widerstände gehalten werden muß. Bei vielen Sendern fragt man sich beinahe, warum sie die Nachrichten überhaupt noch auf deutsch sprechen lassen.

Die erneute Deutsche Welle geht unterdessen an den aus Zwangsgebühren finanzierten Sendern vorbei. Sarah Connor etwa lag goldrichtig, sich in ihrem neuen Album erstmals mit deutschen Liedern an ihre Zuhörer zu wenden: „Ich brauchte mehr Tiefe.“ Der Titel des Albums, „Muttersprache“, setzt gewissermaßen die Überschrift für die neue Entwicklung. Während die Öffentlich-Rechtlichen das Zwangsgeld für englischsprachige Musik ausgeben, geht das freiwillig gezahlte Geld der Deutschen vor allem an Künstler, die auf deutsch singen.

Einen nicht zu unterschätzenden Anteil an der Entwicklung hat Xavier Naidoo. Er leitet die erfolgreiche Fernsehsendung „Sing meinen Song – Das Tauschkonzert“, welche der private Fernsehsender Vox seit April 2014 ausstrahlt. In der zweiten Staffel wetteifern bekannte Sänger wie Christina Stürmer, Andreas Bourani und Yvonne Catterfeld miteinander.

Das Konzept der Sendung sieht vor, daß in jeder Folge alle Sänger nur die Lieder eines der beteiligten Musiker singen. So begab es sich in der ersten Staffel, daß Sarah Connor erstmals auf deutsch sang – und von der Wirkung überwältigt sich entschloß, fortan in ihrer Muttersprache zu singen – mit Erfolg. Während ihr Album „Muttersprache“ sich derzeit auf Platz fünf der Rangliste befindet, liegt das Sammel-Album zur zweiten Staffel von „Sing meinen Song“ noch vor ihr auf Platz zwei. Auch Gregor Meyle und Christina Stürmer, die bei Naidoo mitmachten, sind unter den besten Zehn.

Bleibt die Frage, warum die öffentlich-rechtlichen Sender diese Entwicklung ignorieren und lieber auf englischsprachige Konserven setzen. Ob Unfähigkeit oder böse Absicht dahinterstecken oder eine Mischung aus beidem, ist ungeklärt. Tatsache ist: Während der Rundfunkstaatsvertrag für das Fernsehen die Förderung von Produktionen aus dem deutschsprachigen Raum vorschreibt, gibt es für den Hörfunk noch keine entsprechende Regelung. Diese scheint aber dringend notwendig, um den Hörern gerecht zu werden.