© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/15 / 03. Juli 2015

Frankreichs tiefe Orientierungskrise: Auflösung des historischen Bewußtseins
Pseudokompetenzen statt Bildungskanon
(wm)

Bislang am weitesten vorangeschritten ist der qua Einwanderung forcierte „Untergang des Abendlandes“ in Frankreich. Kein Wunder daher, daß dieser Prozeß dort auf den geistig, politisch, basisdemokratisch stärksten Widerstand trifft. Was augenblicklich abzulesen ist an der Protestwelle, die der Unterrichtsreform der aus Marokko eingewanderten Bildungsministerin Najat Vallaud-Belkacem entgegenschlägt, die, anstelle von Latein und Deutsch, auf mehr Islam und, zwecks „Erziehung zur Reue“, mehr Kolonialgeschichte setzt. In den Kontext empörter Reaktionen gehört auch der Appell von Bruno Benoit, dem Vorsitzenden der Gesellschaft französischer Geschichts- und Geographie-Professoren, den La Nouvelle Revue d’Histoire im Frühjahrsheft (3/2015) abdruckt. Nach US-Vorbild, so klagt Benoit, würden mit Geschichte und Geographie Kernfächer des tradierten Bildungskanons zugunsten des Trainings von „Pseudokompetenzen“ geopfert. Im selben Heft führt Éric Zemmour, intellektueller Kopf des Kampfes gegen Masseneinwanderung, diese Umerziehungsversuche auf ihre Ursprünge in der „Kulturrevolution“ von 1968 zurück. Sie habe die tiefe Orientierungskrise ausgelöst, in der sich Frankreichs Eliten heute befinden, und aus ihr resultiere die Zersetzung von deren nationaler Identität ebenso wie die Auflösung ihres historischen Bewußtseins. 


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