Das private Vereinsfreibad am Fluß sah schon in der Vorkriegszeit so aus wie heute. Meine Eltern haben sich hier kennengelernt. Jetzt bin ich mit Frau und Kindern hier. Kaum habe ich durch Abstellen der Badetasche einen Claim auf der Liegewiese in Besitz genommen, sind die Jungs lärmend auf und davon.

Erst mal ein Nickerchen auf der Decke, die aufgefaltete Zeitung über dem Kopf zum Schutz vor Sonnenbrand. Wer jemals einen Sonnenbrand auf den Ohren hatte, wird darüber nicht lachen. Das monotone „Tock – tock, tock – tock“ vom Tennisplatz hypnotisiert mich, nur ab und zu schnipse ich eine Ameise weg. Na, dann will ich mal die Wassertemperatur testen. Brrrr! Nie im Leben sind das 22 Grad, wie die Kreidetafel am Bademeisterhäuschen übertreibt!

Der Bademeister kann es sich leisten, locker zu sein, denn er hat keinen Streß.

Die Jungs klettern aus dem Becken und wetzen erneut zu den Startblocks. „Hey! Nicht rennen!“, bölkt der Bademeister über das Becken. Die Jungs erstarren kurz, schlendern dann halb beeindruckt, halb belustigt weiter.

Das amüsiert einen anderen Badegast, weil es ihn an seine Jugend erinnert. Lachend ruft er: „He, du da mit den Pommes! Rrrrraus!“ Es stimmt, der Bademeister, der nicht „serviceorientiert“, sondern autoritär über sein Schwimmbad wacht, ist ein Relikt aus alten Tagen. Nicht mal der Begriff ist noch von ihm übrig, heute heißt das „Fachangestellter für Bäderbetriebe“. Ich stimme ein: „Ey, du da, blaue Badehose – nich’ vom Rand springen!“ Wir lachen. Selbst der von uns persiflierte Bademeister hat Humor und brüllt ironisch: „Alles verboten hier! Alles verboten!“

Er kann sich die Lockerheit leisten, denn er hat keinen Streß. Niemand benimmt sich unangemessen laut und distanzlos, keiner würde seine Anweisungen ignorieren, auf der Liegewiese liegt kein Müll. Die Atmosphäre ist ruhig, gelassen, entspannt. Jetzt fällt mir auf, warum: Dieses Bad ist nicht „bunt“ ...