© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/15 / 17. Juli 2015

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Mach’s gut, Philipp
Hinrich Rohbohm

Philipp Mißfelder ist tot. Gestorben an einer Lungenembolie im Alter von nur 35 Jahren. Mit ihm verliert die Union ein weiteres Aushängeschild der Konservativen. Einen, der als glühender Verehrer von Altbundeskanzler Helmut Kohl galt. Zwölf Jahre lang war er Vorsitzender der Jungen Union. So lange wie kein anderer vor ihm. Und wie kaum ein anderer hatte er die CDU-Nachwuchsorganisation geprägt. Mehr noch. Philipp Mißfelder verkörperte das Lebensgefühl der JU.

Er gehörte nicht zu jenen, die die Massen mit packenden Reden in Begeisterungsstürme versetzten. Mißfelders Stärke war sein Organisationstalent. Die unter seiner Regie erfolgten JU-Deutschlandtage hatten Kultcharakter, standen den Parteitagen der Mutterpartei an Professionalität in kaum etwas nach. Vorbei waren die Zeiten, in denen Jungunionisten in Turnhallen tagten. Mißfelder wußte Spaß und Politik zu verbinden, entwickelte den Deutschlandtag zum kreativen Eventtermin. Die JU logierte im Europa-Park, am Babelsberger Filmpark, feierte im Ostseestadion von Hansa Rostock, empfing Gäste und Delegierte vor bayerischer Alpenkulisse mit Salutschüssen der Gebirgsjäger. Die Debatten im Plenum waren von hoher Medienpräsenz begleitet, während sich im Foyer das „Who is Who“ der deutschen Wirtschaft mit Messeständen präsentierte. Auch eine Folge des Netzwerkers Philipp Mißfelder, der aus seiner Nähe zu Unternehmensvertretern selbst dann nie einen Hehl machte, wenn Kritiker das Verhältnis als zu eng bezeichneten.

Der gebürtige Gelsenkirchener trat mit 14 Jahren in die JU ein, zwei Jahre später in die CDU. Wiederum zwei Jahre später wurde er Bundesvorsitzender der Schüler Union, mit 22 Jahren JU-Chef. 2005 folgte der Einzug in den Bundestag. Mit Mißfelder wurde die JU angesichts einer unter Angela Merkel immer weiter nach links driftenden Mutterpartei auch zu einem Hoffnungsträger für Wirtschaftsliberale und Konservative. Mittelstandsvereinigung, Wirtschaftsrat und Senioren Union schätzten den hochgewachsenen Jungpolitiker.

Als Mitglied der CDL, der Christdemokraten für das Leben, versuchte Mißfelder auch, das christlich-konservative Profil der Union zu schärfen und zu erhalten. Angesichts des Linkskurses der Kanzlerin ein schwieriges Unterfangen, das mit dazu geführt haben dürfte, daß ihm der ganz große Durchbruch in der Union versagt geblieben ist. Zu stark war seine Nähe zu Kohl, zu kalt höflich sein Verhältnis zur Kanzlerin.

Daß er die Euro-Rettungspakete mittrug, der Rente mit 63 trotz gegenteiliger JU-Position zustimmte und sich auf Gerhard Schröders Geburtstagsparty mit Wladimir Putin traf, haben ihm auch in der JU viele übelgenommen. Andererseits hat sich Mißfelder bei aller Fixierung auf die Karriere stets zu seiner konservativen Gesinnung bekannt. Im Gegensatz zu anderen Nachwuchspolitikern, die den Weg der Selbstverleugnung einschlugen, um die Gunst der Kanzlerin zu erlangen. Ein Punkt, der den Westfalen sympathisch machte und einen Konservativen dazu verleitet im JU-Jargon zu sagen: Mach’s gut, Philipp.