© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/15 / 17. Juli 2015

Das Beste, was es gibt auf der Welt
Ausstellung: Das Hygiene-Museum in Dresden widmet sich der Freundschaft
Paul Leonhard

Ob Queen Elizabeth II. sich tatsächlich gefreut hat, ist unbekannt. Mit einem aristokratischen Lächeln nahm die Königin jedenfalls das Bild „Pferde in Royalblau“ von Nicole Leidenfrost in Empfang. Bundespräsident Joachim Gauck hatte es ihr anläßlich ihres Staatsbesuchs in Deutschland überreicht. Eine Geste, die die Freundschaft zwischen der Bundesrepublik und dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland verdeutlichen sollte.

Persönlicher und mit dem Protokoll nicht abgesprochen war das Geschenk, das Bundeskanzler Konrad Adenauer auf seiner ersten offiziellen Auslandsreise 1951 in Frankreich erhielt. Eine Studentin überreichte ihm das Croix de Guerre ihres im Krieg gefallenen Vaters. Der CDU-Politiker war so beeindruckt von dieser Geste, daß für ihn dieses Kriegskreuz „während meiner ganzen Kanzlerjahre für mich Symbol des echten Willens des französischen Volkes, mit dem deutschen Volk Freundschaft zu schließen“, war.

Daß mit kleinen Geschenken auch diplomatische Stürme ausgelöst werden können, bewies Bundeskanzlerin Angela Merkel, für ihren hintergründigen Humor berüchtigt, als sie vor acht Jahren dem französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac einen Bierkrug überreichte, auf dem ein Schlachtensieg Napoleons über die Türken eingraviert war. Die Türkei wertete dies als unfreundlichen Akt und reagierte empört. Einige Monate später schenkte Merkel dem aus seinem Amt scheidenden Chirac lieber eine Rose aus dem Garten Adenauers, als Anspielung auf die von ihm und de Gaulle seinerzeit begründete deutsch-französische Freundschaft.

Rose und Kriegskreuz sind zwei von 300 Exponaten, die in der Sonderschau „Freundschaft – Ausstellung über das, was uns verbindet“ im Deutschen Hygiene-Museum Dresden bis zum 1. November zu sehen sind. Die in fünf Abteilungen gegliederte Ausstellung spürt dem Phänomen der Freundschaft nach, von dem Reichskanzler Otto von Bismarck einmal sagte: „Ein bißchen Freundschaft ist mehr wert als die Bewunderung der ganzen Welt.“

Der Rundgang beginnt im Schaudepot einer klassischen Objektexposition. Hier sind jene Geschenke und Gegengeschenke versammelt, die Deutschland mit anderen Staaten quer über den Globus ausgetauscht hat. Deutlich wird dabei, daß derartige Staatsgeschenke nicht nur diplomatische Gesten der Höflichkeit sind, sondern auch etwas über die politische Lage erzählen, in der sie ausgewählt wurden. Deutlich wird das am – in der Ausstellung nicht genannten – Beispiel der Ernst-Thälmann-Insel, die Kubas Fidel Castro einst der DDR geschenkt hatte. Eine Gabe, die der Revolutionsführer nach der deutschen Wiedervereinigung sofort annullierte.

Auf dem Rundgang folgt ein textintensiver Raum analog eines Literaturmuseums. Die Abteilung „Verbriefte Freundschaft“ erinnert mit einer große Fülle an Dokumenten, Briefauszügen und Postkarten an jene Jahrhunderte, in denen sich Freunde einander mitteilten, sich wechselseitig in Ideen und Lebensentwürfen bestärkten. Als Begründer des literarischen Genres des Freundschaftsbriefes gilt der Jurist und Dichter Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1719–1803). Mit ihm als Zentrum wurden über die Jahre hinweg Tausende von Briefen zwischen Dichtern und anderen Künstlern ausgetauscht. Erinnert wird auch an die Brieffreundschaft zweier literarischer Einzelgänger: Die Brieffreundschaft zwischen den Schriftstellern Hans Magnus Enzensberger und Uwe Johnson endete nach 161 Briefen in Schweigen.

Echt oder unecht? fragt dagegen die Abteilung über die Freundschaft im Bild. Dem Besucher bietet sich eine von starken optischen Reizen geprägte Gemäldegalerie, in der bis unter die Decke Werke der Malerei aus fünf Jahrhunderten hängen. Hier wird nach berechnenden Seilschaften, zerbrechenden und echten Freundschaften gefragt. Ein karger „White Cube“ präsentiert Kunst in zeitgenössischer Form. Denkmale wie das von den Philosophen Karl Marx und Friedrich Engels künden ebenfalls von Freundschaften und stehen im Mittelpunkt der Abteilung „Erlebniswelt Freundschaft“.

Spekulativ wird es dann im letzten Teil der Ausstellung, wo die Kuratoren ausgehend von Crowdfunding, Real Life Super, Heroes und Flashmobs einen Blick in die Zukunft der Freundschaft werfen. Aber auch diese Entwicklungen werden nichts an den Motiven der Freundschaft ändern, die Aristoteles schon in seiner „Nikomachischen Ethik“ unterschieden hatte: Freundschaft um des Wesens Willen, des Nutzens Willen und der Lust Willen. Und so bleibt gültig, was Heinz Rühmann 1930 in dem populären Film „Die Drei von der Tankstelle“ singt: „Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Beste was es gibt auf der Welt.“

Zwei noch erwähnenswerte Besonderheiten weist die Ausstellung auf: Es gibt eine spezielle Objektspur für Kinder, die so von Exponat zu Exponat ihren eigenen Zugang zur Welt der Freundschaft entdecken können. Und die Ausstellungsobjekte haben Beschriftungen, die bei jedem Besucher anders sein können. Voraussetzung ist, daß man zu Beginn des Rundgangs einen Chip mit seinem persönlichen Profil speist.

Die Ausstellung „Freundschaft“ ist bis zum 1. November im Deutschen Hygiene-Museum, Lingnerplatz 1, in Dresden täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr zu sehen. Telefon: 0351 / 48 46-400.

Das Begleitbuch (Matthes & Seitz) mit 272 Seiten kostet im Museum 24,90 Euro. www.dhmd.de