© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/15 / 17. Juli 2015

Ein Leben ohne Dialogkultur
Rita Breuer über Christen in der islamischen Welt
Fabian Schmidt-Ahmad

Über kaum ein Thema wird hierzulande gleichermaßen mit so viel Leidenschaft und Unkenntnis gestritten wie über den Islam. Um so erfreulicher ist es, wenn sich in diese Debatte nüchterne Stimmen mischen. Die Islamwissenschaftlerin Rita Breuer, lange Zeit als Entwicklungshelferin in der islamischen Welt tätig, schildert die konkrete Situation von Christen unter islamischer Herrschaft. Jenseits gängiger Zerrbilder ist ihr eine komprimierte Bestandsaufnahme gelungen.

„Die Pauschalisierung und Haftbarmachung einer ganzen religiösen Gruppe für die Taten und Ansichten einzelner, die Muslime gerade im Westen häufig beklagen, kennen die Christen in der islamischen Welt zur Genüge“, heißt es in Breuers jüngstem Buch. Denn trotz hierzulande propagierten Beteuerungen über einen toleranten Islam muß sie festellen: „Ein islamisch geprägtes Staatswesen ohne religiöse Diskriminierung hat es noch nie gegeben.“ Was dort beispielsweise unter Glaubensfreiheit verstanden wird, unterscheidet sich deutlich von unseren Vorstellungen. „Glaubenswechsel ist erlaubt und gern gesehen in der Hinwendung zum Islam, in jeder anderen Form aber verboten.“

Ein Miteinander, ein Wechselspiel der Argumente, welches für das Selbstverständnis unseres Gemeinwesens grundlegend ist, fehlt dem Islam, dessen Texte gegenüber Christen ein einseitiges Verhältnis vorschreiben. „Das Fazit dieser Haltung ist so schlicht wie erschreckend: kein normaler zwischenmenschlicher oder gar freundschaftlicher Kontakt zu Christen, kein Dialog, kein höflicher oder respektvoller Umgang, der dem Christen den Eindruck vermitteln könnte, irgend etwas an seiner Religion sei richtig. Zahlreiche Rechtsgutachten von wahhabitischen und salafistischen Gelehrten zum Umgang mit Nichtmuslimen belegen dies eindrucksvoll.“

Sicher gibt es genügend Moslems, die sich dieser Haltung entgegenstellen. Doch wie Breuer deutlich macht, stellen diese innerhalb der islamischen Welt nur eine Minderheit dar. Entsprechend skeptisch ist ihr Blick nach vorne gerichtet. Auf Deutschland bezogen warnt Breuer vor einem vorauseilenden Gehorsam gegenüber moslemischen Machtansprüchen. „Es gilt, unsere Welt gerade im Alltag zu behaupten.“ 

Rita Breuer: Im Namen Allahs? Christenverfolgung im Islam. Herder Verlag,  Freiburg 2015, broschiert, 192 Seiten, 9,99 Euro