© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31_32/15 / 24. Juli 2015

Die „Share Economy“ ist nur auf dem Papier toll
Wer verleiht gern an Fremde?
Markus Brandstetter

Die „Share Economy“ ist die Wirtschaft des Teilens. Der Gedanke dahinter lautet: Wenn alle das, was sie haben, miteinander teilen, dann erhöht sich der Wohlstand für die ganze Gesellschaft. Das klingt richtig gut, und irgendwie ergibt es ja auch Sinn: Viele Menschen haben mehr, als sie brauchen, andere haben zuwenig, wäre es da nicht schön, wenn die, die mehr haben oder genau das, was andere nicht haben, es mit denen teilten?

Soweit die Theorie. In der Praxis funktioniert das leider nicht so gut. Und wenn, dann anders, als die Erfinder es sich dachten. Teilen können wir heutzutage alles: Autos, Wohnungen, Rasenmäher, Bohrmaschinen, Fahrdienste, Digitalbilder, Computerprogramme und vieles mehr. Die Devise dahinter lautet: leihen statt kaufen, nutzen statt besitzen. 

Irgendwie wirkt das kuschelig, menschlich warm und sozialistisch. Weshalb Spiegel, Zeit und Süddeutsche Zeitung schon hyperventilieren, wenn sie den Ausdruck „Share Economy“ nur hören. 

Jetzt gibt es allerdings ein kleines Problem mit dem Teilen: Jeder leiht sich zwar gerne billig vom anderen, nur seine eigenen Sachen verleihen will kaum einer. Es ist schön, sich eine Bohrmaschine zu leihen, damit tausend Dübellöcher zu bohren und sie danach halb kaputt zurückzugeben, aber im Gegenzug das eigene Auto zu verleihen, noch dazu an Fremde –  das ist natürlich etwas ganz anderes. 

Die mit Fanfaren gepriesene „Share Economy“ scheitert in Wirklichkeit am Homo oeconomicus, der zwar ein Schnäppchen machen, dies anderen aber nicht zugestehen will. Rechnen wir dann noch ein, daß Finanzämter und Gewerkschaften die natürlichen Todfeinde der Teilungsökonomie sind, dann ist klar, daß das Projekt „nutzen statt besitzen“ ein Rohrkrepierer ist. Die einzigen, die etwas von der „Share Economy“ haben, sind große Software-Konzerne, deren Programme die Nutzer immer häufiger mieten müssen, anstatt sie kaufen zu dürfen. Das erhöht aber nicht den Wohlstand aller, sondern nur den der üblichen Verdächtigen.