© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/15 / 07. August 2015

CD-Kritik: Titel
Vernissage
Jens Knorr

Der Violinist und Komponist Josef Suk (1874–1935), Gründer des Tschechischen Streichquartetts, wäre wohl lediglich als der nette Schwiegersohn seines Kompositionslehrers Antonin Dvorák in die Musikgeschichte eingegangen, hätten nicht Tod des Schwiegervaters und der Gattin seine schöpferische Energie zu „Asrael“-Symphonie und weiteren symphonischen Werken freigesetzt.

Seinen Sechs Klavierstücken op. 7, komponiert zwischen 1891 und 1893, allerdings ist anzuhören, daß er sie lange vor den traumatischen Ereignissen komponiert hat. Yuko Yamashiro spielt die Nichtigkeiten mit aller parfümierten Raffinesse, wie sie aus keiner der Transkriptionen und keinem der Arrangements, die namentlich an dem eröffnenden „Liebeslied“ vorgenommen wurden, hervorzuzaubern gelänge. Der glasharte, geradezu unpersönliche Anschlag, mit dem Yamashiro die erste „Promenade“ angeht, verspricht mehr, als sie dann insgesamt mit Mussorgskis Klavierzyklus „Bilder einer Ausstellung“ einlöst. Yamashiro läßt die Bilder an sich selbst und am Hörer abgleiten wie bei einer Vernissage, wo Gesehenwerden alles ist und Sehen wenig. Sie malt sie nach und erkennt sie nicht, und so kann sich auch der Hörer nicht in ihnen erkennen.

Der für die Musikgeschichte folgenreiche Zyklus aber fordert eine folgenschwere Darstellung. Oder gar keine.

Yuko Yamashiro Klavier Bella Musica, 2015  www.bella-musica-edition.de