© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/15 / 07. August 2015

Knapp daneben
Aufnahmestopp für Klimaflüchtlinge
Karl Heinzen

Nach dem Anschlag am Strand von Sousse ist der Fremdenverkehr in Tunesien zum Erliegen gekommen. Es kann nicht mehr lange dauern, bis sich auch in Marokko und Ägypten die Hotels zu leeren beginnen. Die nord­afrikanischen Küstengebiete dürften demnächst, wenn sie nicht sowieso schon von Schlepperbanden oder Bürgerkriegsparteien unter Beschlag genommen worden sind, nur noch für Freunde des Halal-Tourismus in Frage kommen. Nichtmuslimische Europäerinnen werden aber noch ein Weilchen benötigen, bis sie dem Badeurlaub in Burka Spaß abgewinnen können.

Reiselustige muß diese Entwicklung nicht weiter bekümmern, solange es nur genug Alternativen zu buchen gibt. Sie wollen bloß Sonne pur, irgendein blaues Meer mit weißem Strand, preiswerte Snacks, Partys, auf denen man die Sau rauslassen kann, und, wenn sie ohne Partner auf Achse sind, vielleicht auch noch ein kleines Sexabenteuer. Das alles kann ihnen Spanien in Perfektion bieten, ohne daß man ständig Ausschau nach Bärtigen halten muß, die verdächtige Reisetaschen mit sich herumschleppen.

Für die Geringverdiener des Nordens ist der Billigurlaub im Süden der einzige Lichtblick im grauen Arbeitsalltag.

Die politisch Verantwortlichen in den betroffenen Sonnenparadiesen denken bereits darüber nach, wie dem neuen Massenansturm von Klimaflüchtlingen aus dem Norden zu begegnen ist. Geradezu Panik hat die Balearen ergriffen. 14 Millionen Invasoren müssen sie schon jetzt Jahr für Jahr verkraften. 80 Prozent von ihnen suchen die Inselgruppe im Sommer heim. Das Boot ist voll, meint daher der stellvertretende Ministerpräsident der Region, Biel Barceló, und schlägt einen Aufnahmestopp für die heißen Monate vor, um eine halbwegs menschenwürdige Unterbringung und Versorgung zu gewährleisten.

Im nationalen Alleingang läßt sich das Problem nicht lösen. Da Pauschaltouristen mit geringem Budget keine Willkommenskultur erwarten dürfen, muß ein europäischer Ausgleichsfonds her, aus dem die Baderegionen am Mittelmeer entschädigt werden. Die reichen Länder im Norden haben keine andere Wahl. Für ihre Geringverdiener ist der Billigurlaub im Süden der einzige Lichtblick im grauen Arbeitsalltag.