© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 34/15 / 14. August 2015

Monopolist „Tank & Rast“ an Allianz-Konsortium weitergereicht
Lizenz zum Abzocken
Jörg Fischer

Seit zwei Jahrzehnten kämpft eine brandenburgische Unternehmerin um ihre Existenz. Nächstes Jahr muß sie wohl endgültig die Segel streichen und ihren Autobahnimbiß – einen der letzen seiner Art – schließen, denn im Zuge von Bauarbeiten wird ihr Parkplatz an der A10 weggebaggert. Ein Umziehen verhindert die Bundespolitik, die traditionell nur die monopolistischen Interessen von milliardenschweren Konzernen und Finanzinvestoren im Blick hat.

Mit dem Verkauf der Tank & Rast GmbH, der 90 Prozent der deutschen Autobahnraststätten gehören, an ein Allianz-Konsortium dürfte die deutsche Politik noch willfähriger agieren, gehört doch auch die Münchener Rück zu den eifrigsten Parteispendern. Wäre der chinesische Staatsfonds CIC zum Zuge gekommen, hätte vielleicht die Boulevardpresse die 1998 von Rot-Grün privatisierte Lizenz zum Abzocken hinterfragt.

Trotz mehr als zwei Milliarden Euro Verschuldung streichen die Heuschrecke Terra Firma und ein Deutsche-Bank-Fonds nun 3,5 Milliarden Euro für den Monopolisten ein. Der Jahresgewinn lag 2014 bei 236 Millionen Euro – die bundeseigene Raststättengesellschaft GfN war einst mit 50 Millionen D-Mark Pacht zufrieden. Das heißt: Allianz & Co. müssen die Preisschraube anziehen – direkt bei den Eigenbetrieben, indirekt über die Pacht, die die Raststättenbetreiber an ihre Kunden weiterreichen müssen. Schon 2010 stieg die Toilettenbenutzungsgebühr von 50 auf 70 Cent. Künftig dürfte ein Euro für die notgedrungene Nutzung von „Sanifair“ anpeilt werden.

Für die in britischen Steueroasen registrierten Ex-Eigner hat sich die Investition gelohnt – für die Steuerzahler und Autofahrer nicht. Die Privatisierung der GfN und des Ex-DDR-Ablegers OATG hätte ein Musterbeispiel für Markt und Wettbewerb sein können, wenn die 350 Tankstellen, 390 Rasthäuser und 50 Hotels jeweils direkt an mittelständische Betreiber verkauft worden wären. Statt dessen ging das Gesamtpaket für 1,2 Milliarden D-Mark an das Trio Lufthansa-Allianz-Apax, die es 2004 für 1,1 Milliarden Euro an Terra Firma abstießen.

Eine kleine Konkurrenz störte allerdings das monopolistische Reibach machen: die privaten Autobahnimbisse, die im bürokratischen Niemandsland ab 1990 auf vielen Rastplätzen die freie Marktwirtschaft vorführten. Allein hundert gab es in Brandenburg – doch das SPD-geführte Bundesverkehrsministerium setzte alles daran, sie loszuwerden. Auch die CSU-Nachfolger kannten keine Gnade: 2012 wurden sogar klammheimlich die blauen Hinweisschilder mit der Kaffeetasse am Autobahnrand abmontiert.

„Man muß den Leuten doch die Wahl lassen, wo man ißt und schläft“, findet die wackere Imbißfrau. Tank & Rast hat indes schon die Finger nach der Autohof-Konkurrenz ausgestreckt.

Privater Autobahnimbißstand an der A10:  www.angelikas-imbiss-a10km96.de