© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 34/15 / 14. August 2015

Deutsch-türkische Wissenschaftskooperation: Austausch auf Sparflamme
Nachholbedarf im akademischen Dialog
(wm)

Die Pioniere der türkischen Wissenschaft kamen ab 1933 aus Deutschland. 300 wegen ihrer jüdischen Herkunft entlassene Dozenten konnte die vom Frankfurter Neuropathologen Philipp Schwartz gegründete „Notgemeinschaft deutscher Wissenschaftler im Ausland“ an Hochschulen im Reich Atatürks vermitteln. Sie bildeten Tausende von Staatsbeamten, Ärzten, Lehrern und Ingenieuren sowie die eigenen akademischen Nachfolger aus, die der türkischen Republik zum Sprung in die Moderne verhalfen. Gedankt hat es Ankara ihnen nicht, da die Gelehrten nur Zeitverträge ohne Pensionsansprüche erhielten, so daß sie es vorzogen, in die USA zu wechseln oder nach 1945 nach Westdeutschland zurückzukehren. Eine institutionell fundierte Wissenschaftskooperation, die an diese Tradition anknüpfte, ließ bis 1984 auf sich warten. Heute, nach dem Ende des deutsch-türkischen Wissenschaftsjahrs 2014/15, haben sich die Kontakte zwar verdichtet, aber unter den 30.000 ausländischen Wissenschaftlern (Stand 2012) an deutschen Hochschulen kommen 15.000 aus China, Indien, Rußland, Polen oder Ägypten, aber lediglich 730 aus der Türkei (Deutsche Universitäts-Zeitung, 7/2015). Darum soll die im 2013 eröffnete Türkisch-Deutsche Universität in Istanbul, die derzeit 316 Studenten in fünf Fakultäten zählt, endlich den großen Nachholbedarf im „akademischen Dialog“ befriedigen. 


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