© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 34/15 / 14. August 2015

Geschmacklich austauschbar
Über die Globalisierung der Essenskultur
Heiko Urbanzyk

Marin Trenk, Ethnologe an der Universität Frankfurt, trieb es durch Besuche in Thailand und Laos in die kulinarische Ethnologie. 2009 gründete er die Arbeitsgemeinschaft Kulinarische Ethnologie. Mit „Döner Hawaii – unser globalisiertes Essen“ läßt Trenk den Leser an seinen wissenschaftlichen Erkenntnissen teilhaben. 

Drei Wellen der Globalisierung macht Trenk aus. Die erste Welle setzt er bei Kolumbus an, wohlwissend, daß bereits in der Antike ein Austausch von Gewürzen zwischen Europa und Asien stattfand. Die aus Amerika mitgebrachte Kartoffel kennzeichnet die besondere Form dieses kulinarischen Importes: Ein Austausch fand lediglich in Form von Rohprodukten statt. Zur Übernahme fremder Rezepte sei es damals erstaunlicherweise nicht gekommen. 

In der zweiten Welle seien im Zuge des Kolonialismus einzelne Rezepte durch die Europäer übernommen worden. Beispielhaft nennt Trenk die Einverleibung des indischen Currys in die englische Küche. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg verortet der bekennende Omnivore Trenk als dritte Welle die Wanderung ganzer Küchen nach Europa und rund um die Welt. 

Pizza, Pasta, Döner, Gyros sei den Deutschen heute das, was einst das Eisbein war. Die bis 1945 recht isolierte deutsche Küche, die eher aus Regionalgerichten bestehe, denn aus Nationalgerichten, habe unter der Globalisierung weit schwerer gelitten als in anderen Ländern. Auch wenn Trenk den Gastroeinflüssen eher positiv gegenübersteht, beklagt er doch, daß niemand die eigenen Kochtraditionen so bereitwillig dem Aussterben preisgab wie die Nachkriegsdeutschen. Ein kaum zu erklärendes Phänomen, das in Frankreich, Österreich und der Schweiz so nicht gegeben sei.

Aber auch die ersten fremden Küchen aus der Gastarbeiterzeit haben keinen Ewigkeitswert. Frühere fettige Fleischberge griechischer Restaurants seien laut Trenk heute alles andere als zukunftsträchtig. Tatsächlich behalte zudem kaum einer der eingewanderten kulinarischen Genüsse seine reine Herkunftsform. Das eingewanderte Exotische ordnet sich dem Kulturraum des neuen Verbrauchers unter. Das zeigt sich in den üppig belegten Pizzen, die für einen Sizilianer keine Option wären.

Marin Trenk: Döner Hawaii. Unser globalisiertes Essen. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2015, broschiert, 297 Seiten, 17,95 Euro