© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/15 / 28. August 2015

Höherer Blödsinn, tiefsinniger Humor
Lustige Vögel: Die Gaunerkomödie „Masterminds“ von Jared Hess basiert auf einem realen Fall
Sebastian Hennig

Die meisten Kassenschlager aus Hollywood geben bereits in ihrer Kinowerbung alles preis. Im Schnelldurchlauf lassen sich drei solcher Machwerke einverleiben ohne daß dabei das Gefühl entsteht, irgend etwas Wesentliches verpaßt zu haben. Denn die Handlung ist nur der graue Zettel für den Einschlag der derben Scherze, Prügeleien, Schießereien und Zerstörungsorgien.

In Farbe und Duktus kommt „Masterminds“ genauso daher. Doch im Gegensatz zur Dutzendware bietet diese Filmkomödie weit mehr als mutwillige Slapsticks. Das Geschehen ist fesselnd und vermag beim Zuschauer Teilnahme zu wecken. Der Genuß dieser ausgewachsenen Albernheit hinterläßt sogar einen fruchtigen Nachgeschmack, der eine Weile anhält. Der Film könnte durchaus in den Kanon der klassischen Gaunerkomödien Hollywoods neben „The Sting“ von 1973 einen festen Platz finden. In typischer Holzhammer-Anspielung gibt der Untertitel von „Masterminds“ jedem zu verstehen, worum es im Film geht: „Minimaler IQ, maximale Beute“. 

Dem Drehbuch liegt ein wahrer Fall zugrunde. Kleinkriminelle stiften 1997 in Charlotte in North Carolina einen ehemaligen Wachmann zum Raub an. Als Schlüssel zum Schatz dient ihnen der 28jährige David Scott Ghantt, ein Veteran des ersten Golfkriegs, der anschließend in der Sicherheitsbranche sein Auskommen gefunden hat. Als Gelegenheitsgangster erbeutet er aus einem Geldtransport 17 Millionen Dollar mit mehr Glück als Verstand.

Allerdings hat der Verstand bei ihm nicht so schnell zugenommen, wie ihm das Glück abhanden gekommen ist. Dabei kommt die Gang erst einmal planlos viel rascher voran, als es einem Profi mit ausgebufften Vorkehrungen gelungen wäre. Doch bald bleiben auch die Naturburschen im Schlamassel stecken, weil Überwachungskameras ihren Hauptakteur bei seinem Bruch von allen Seiten aufgenommen haben. Der setzt sich darum mit einem Taschengeld nach Mexiko ab, wo bald neben der Polizei auch ein von seinen unaufrichtigen Komplizen beauftragter Killer seine Fährte aufnimmt. Die einstige Kollegin Kelly (Kristen Wiig) hat ihn für die Tat bezirzt und nur sie kennt er von Angesicht. Ihren Schulkameraden und jetzigen Komplizen dagegen ist er nie näher gekommen als auf Hörweite. 

Der furiose Film spielt mit frischer Komik alle Möglichkeiten durch, die ein im Kern unschuldiger Narr hat, dem kalt kalkulierende Häscher auf den Fersen sind. Der tölpelhafte Räuber David Scott Ghantt wird durch Zach Galifianakis verkörpert. Gegenüber dem sinnfreien Quatsch ähnlich gelagerter Filme kann „Masterminds“ mindestens als höherer Blödsinn, wenn nicht gar als tiefsinniger Humor durchgehen. Indem vorführt wird, wie ein arglos durch die Welt tappender Trottel mit seinem unberechenbaren Schicksal auch sein Leben immer wieder geschenkt bekommt, wird er beinahe schon zu einer moralistischen Lektion.

Der Komiker Jason Sudeikis, der sonst eher pudelhaft dreinblickende Wichte darzustellen hat, darf hier als Auftragskiller Mike McKinney eine dämonische Aura entfalten, die jedem Quentin-Tarantino-Film zur Ehre gereicht hätte. Der amerikanische Film führt den Killer gern als einen prätentiösen Künstler vor, während die amerikanische Gesellschaft den schwierigen Künstler ebenso gern als potentiellen Killer in die Psychiatrie abführt.

Das hinterhältige Komplizen-Ehepaar Chambers, gespielt von Owen Wilson und Mary Elizabeth Ellis, gelangt an die feilen Ziele seiner Sehnsucht in Form von Brust-implantaten, einem Landhaus und einem BMW-Cabrio. Das Grausen überkommt einen in der Parvenü-Kulisse, mit der sie ihr Leben zu umstellen beginnen. Unverzichtbar dafür ist im Abspann die Einblendung der Fotoporträts der wirklichen Loomis-Fargo-Gang. Ghantt, Chambers und McKinney erscheinen als abgehalfterte Typen mit verwüsteten Gesichtern. Diese Figuren landen weit abgeschlagen hinter den lustigen Vögeln, welche uns die bunte Kintopp-Welt in den anderthalb Stunden vorgegaukelt hat.