© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/15 / 04. September 2015

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Zu Besuch bei den Eltern, Gespräch über die Zukunft ihrer gepachteten Kleingartenparzelle. Die Mutter will sie altersbedingt und wegen ihrer angegriffenen Gesundheit aufgeben, der kaum jüngere Vater behalten. Originalton: „Ich sitze lieber im Garten als vor dem Fernseher. Was da läuft, interessiert mich alles nicht.“ Dann folgt eine Schimpfkanonade vom feinsten auf das Fernsehprogramm im allgemeinen, insbesondere aber  auf die öffentlich-rechtlichen Sendungen. Fehlte nur noch der Ausdruck „Lügenpresse“.

Einen Tag später platzt diese Irrsinnsmeldung in die Welt: Die ARD will erneut mehr Geld der Beitragszahler, also von uns allen! „Gute Programme kosten Geld, deswegen brauchen wir für die kommende Beitragsperiode ab 2017 einen Ausgleich für Preissteigerungen“, behauptet alles Ernstes der ARD-Vorsitzende Lutz Marmor. Deswegen will der Propagandaverbund nicht nur an die bislang auf Sperrkonten eingefrorenen Mehreinnahmen aus dem Rundfunkbeitrag in Milliardenhöhe heran. Zusätzlich meldete die ARD einen Finanzbedarf von weiteren 99 Millionen Euro pro Jahr an. Auch der Deutsche Journalisten-Verband hat sich für eine „moderate Anhebung“ des Rundfunkbeitrags ausgesprochen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk könne „ohne zusätzliche Mittel seinen Programmauftrag nicht erfüllen“, meinte DJV-Chef Michael Konken. Merke mit Epikur: Nichts genügt demjenigen, dem das, was genügt, zuwenig ist.

„Ich bin nicht dumm genug, um das deutsche Fernsehen ernst nehmen zu können.“ (Hans-Joa-chim Kulenkampff zugeschrieben)

Was sagt es über ein Land und seine Medien aus, wenn eine werbefinanzierte Vollpfostensendung wie „Promi Big Brother“ erträglicher ist als eine zur gleichen Zeit laufende gebührenfinanzierte Gesprächssendung von Maybrit Illner zum Thema Flüchtlinge?

Zeitungslektüre ist allerdings auch nicht besser als Fernsehen, zumal dann nicht, wenn sich, sagen wir: Springers Bild-Zeitung und die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung nicht mehr unterscheiden. „Wir helfen“ schlagzeilte das Boulevardblatt: „Warum wir jetzt alle gefordert sind“. Tags darauf die FAS auf ihrer Titelseite: „Roter Teppich für Migranten! Deutschland sollte seine Einwanderer mit offenen Armen willkommen heißen.“ Das sei moralisch geboten und nütze „uns allen“. Ach so, weil das ja klar ist. In Abwandlung von Joseph Marie de Maistre: Jedes Land hat die Leitmedien, die es verdient.