© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 38/15 / 11. September 2015

Haltungsnote
„Gleich einem Krebsgeschwür“
Christian Rudolf

Unversehens ist die Situation da, daß man bekennen muß. Für Ulrich Kutschera kam sie in Gestalt eines Briefes des linken Astas der Uni Kassel, der den Evolutionsbiologen bei der Hochschulleitung anschwärzte. Professor Kutschera hatte einfach die Grundlagen wissenschaftlichen Arbeitens in Erinnerung gebracht, aus Sorge um sein Fach. „Wir stehen kurz vor einer Genderisierung der Biologie – dagegen werden wir uns verwahren.“ Die Aktivitäten an den „Gender“-Lehrstühlen hätten mit Naturwissenschaften nichts zu tun. Aber „Naturwissenschaftler erforschen reale Dinge, die wirklich existieren“. Er sehe „enorm viele Parallelen“ zwischen der „Gender“-Forschung und dem biologisch haltlosen Kreationismus, hatte der auch an der US-Uni Stanford lehrende Kutschera in einem schon Monate zurückliegenden Radiointerview gesagt – und vor der „Tarnkappe des Gender Mainstreaming“ gewarnt, mit der eine „quasireligiöse Strömung“ an den Unis Fuß fasse und „gleich einem Krebsgeschwür sämtliche Fachgebiete erobern“ wolle.

Von der Hochschulleitung nun gerüffelt, blieb Kutschera standhaft: Die Gender-Literatur habe er durchgearbeitet – dieser „akademische Wildwuchs“ sei ein „Frontalangriff gegen rational-naturwissenschaftliches Denken“.