© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 39/15 / 18. September 2015

Linksextremisten pfeifen auf „Imagine“
Hamburg: Gewalttätige Proteste gegen „Tag der Patrioten“
Michael Johnschwager

Hamburg

Die Organisatoren des „Tags der Patrioten“ hofften vergebens. Am vergangenen Freitag mußten sie eine empfindliche Niederlage einstecken. Ihr Eilantrag zur Aufhebung des von der Hamburger Polizei ausgesprochenen Verbots der für vergangenen Sonnabend geplanten Demonstration in der Hansestadt wurde vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, wenn auch zähneknirschend, abgelehnt. „Der Staat darf nicht dulden, daß friedliche Demonstrationen durch gewalttätige Gegendemonstrationen verhindert werden“, schrieben die Richter, die anzweifelten, ob die Stadt die erforderlichen Anstrengungen zum Schutz der Versammlung unternommen habe, dem Hamburger Senat ins Stammbuch.
Bei den Sicherheitsbehörden führte die Entscheidung zu einem Aufatmen, war doch das Verbot des Aufzuges der Rechtsextremisten mit drohenden Auseinandersetzungen mit gewaltbereiten Linksextremisten begründet worden. Den Hamburger Polizisten und ihren aus mehreren Bundesländern angereisten Kollegen sollte jedoch nur eine kurze Atempause vergönnt sein.
Der Sonnabend begann in Hamburg mit einer Kundgebung auf dem Rathausmarkt. Hier versammelten sich etwa 7.500 Bürger unter dem Motto „Hamburg bekennt Farbe“. Aufgerufen hatten hierzu unter anderem Gewerkschaften, Kirchen, sowie die in der Hamburgischen Bürgerschaft vertretenen Parteien, mit Ausnahme der AfD, die von der Teilnahme ausgeschlossen worden war, obwohl sie grundsätzlich Interesse bekundet hatte. Initiator der Veranstaltung war das „Bündnis gegen Rechts“. Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) betonte in seiner Ansprache, er trete mit den Bürgern ein für ein friedliches Zusammenleben und Demokratie, Toleranz und Vielfalt. Zum Ausklang der Kundgebung erklang der Song „Imagine“ von John Lennon, der für Frieden plädiert. Die Hamburger Radiosender spielten das Lied zeitgleich.
Doch der Frieden blieb in der Hansestadt an diesem Tag ein frommer Wunsch. Die Gewalt begann am Hamburger Hauptbahnhof. Dort gingen Linksextremisten auf Rechtsextremisten los, die trotz des Demonstrationsverbotes mit dem Zug nach Hamburg gekommen waren. Die Angreifer sprangen in das Gleisbett und warfen Steine auf einen Regionalzug, in dem sie unter den Fahrgästen auch Rechtsextremisten ausgemacht hatten. Die Polizei riegelte die Zugänge zum Hauptbahnhof weiträumig ab. Hamburgs Fern- und S-Bahnverkehr kam für anderthalb Stunden zum Erliegen. Dabei kam es zu der bizarren Situation, daß Linksextremisten sich gegenseitig mit Steinen attacktierten, weil sie sich jeweils für Rechtsextremisten hielten. Über die sozialen Netzwerke machte unterdessen die Nachricht die Runde, die Organisatoren des „Tags der Patrioten“ planten, nach Bremen auszuweichen. Dies veranlaßte die Bremer Polizei zu verstärkter Präsenz am dortigen Hauptbahnhof.
Doch während es in Bremen ruhig blieb, sorgten die Linksextremisten in Hamburg weiter für Gewalt. Zunächst verlegten sich die „Antifaschisten“ auf den Hachmannplatz vor dem Hauptbahnhof. Wiederum waren Einsatzkräfte gefordert, um Gewalttätigkeiten gegen die dem Bahnhof gegenüberliegenden Hotels und das Deutsche Schauspielhaus zu verhindern. Doch es war die sprichwörtliche Ruhe vor dem Sturm.

Blindwütiger Mob
im Schanzenviertel
Den entfachte die linksextremistische Szene erneut, nachdem sie sich in ihr angestammtes Quartier, das sogenannte Schanzenviertel, zurückgezogen hatte. Was die Gewaltäter dann im Schutze der Dunkelheit an Zerstörungswut, Haß und Aggressionen gegen Polizeibeamte vom Zaun brachen, folgt einer unseligen Tradition in Hamburg. Ein blindwütiger Mob lieferte den Polizisten eine Straßenschlacht. Diese mußten sich massiv unter anderem mit Pfefferspray zur Wehr setzen, als Linksextremisten sie mit Pyrotechnik und diversen Wurfgeschossen bewarfen, Müllcontainer in Brand steckten und auf die Straße zogen. Um die bürgerkriegsähnliche Situation in den Griff zu bekommen, wurden Wasserwerfer eingesetzt.
Tags darauf zog Polizeisprecher Jörg Schröder ernüchtert Bilanz. Demnach wurden neun der fast 3.000 eingesetzten Polizisten verletzt. 23 Gewalttäter wurden wegen Landfriedensbruch, gefährlicher Körperverletzung und anderer Delikte festgenommen, 54 Extremisten wurden in Gewahrsam genommen.