© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/15 / 02. Oktober 2015

Blick in die Medien
Ein Fall für den Presserat
Tobias Dahlbrügge

Der Deutsche Presserat soll darüber wachen, daß Druckerzeugnisse Gebote journalistischen Anstands einhalten. Verstoßen die Redaktionen gegen den Kodex ihrer Zunft, erteilt er eine offizielle Rüge.

Im September urteilte der Rat über rund 150 Beschwerden und sprach zehn öffentliche Rügen und 19 Mißbilligungen aus. Sieben Rügen betrafen das Gebot der erkennbaren Trennung von redaktionellem Inhalt und Reklame. Die sieben Sünder hatten die Grenze zur Schleichwerbung teils weit überschritten.

Unter den Gerügten ist Focus Online gleich zweimal vertreten sowie die notorische Bild und regionale Blätter wie die Westfälischen Nachrichten. Sie hatten über kommerzielle Angebote ausschließlich positiv „berichtet“ und werbliche Formulierungen der Anbieter übernommen. Ob groß, ob klein: Alle drucken Jubelbeiträge von Herstellern völlig distanzlos und mit echten Nachrichten vermischt ab.

Grell tritt die Neigung der Redakteure zum Volkserzieher beim Ausländerzustrom zutage. 

Daß der Presserat solchen Verstößen nachgeht und sie öffentlich tadelt, ist gut. Aber warum beschränkt er sich auf verwischte Grenzen zwischen Meldung und Werbung? Die gebotene Abgrenzung zur Regierungspolitik wird doch auch nicht eingehalten! Darum sollte sich der Presserat mal kümmern!

Besonders grell tritt die Neigung der Redakteure zum Volkserzieher im Kabinettsauftrag beim aktuellen Ausländerzustrom zutage: Da werden faustdicke Politikerlügen wiedergekäut, vorgestanzte Phrasen übernommen, manipulierte Bilder gedruckt, fragwürdige Irgendwas-Forscher als seriöse Quellen zitiert. Da wird auf Kritikern herumgetrampelt, werden Leser einseitig beeinflußt, bestehende Zusammenhänge verschleiert und nichtbestehende fabriziert. Dafür müßte es Rügen hageln!

Daß sich die Presselandschaft beinahe vollständig zum Organ der Regierung macht und sich bar jeder Kritik in den Dienst der Indoktrination und Konditionierung stellt, ist in Deutschland noch nicht vorgekommen – oder sagen wir besser: in der Bundesrepublik.