© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/15 / 16. Oktober 2015

Folgen der Bombenanschläge von Ankara
Terror betrifft auch uns
Marc Zoellner

Die Detonation der Sprengstoffanschläge von Ankara vom vergangenen Samstag hallt auch in Deutschland wider: Gewalttätige Ausschreitungen zwischen nationalistischen Türken und kurdischen PKK-Anhängern in hiesigen Großstädten und Ballungsgebieten könnten eine der Folgen sein. Brandanschläge wie zuletzt auf die Berliner Vertretung der prokurdischen HDP könnten sich häufen, auch unbeteiligte deutsche Bürger von der Welle der Gewalt in Mitleidenschaft gezogen werden. Der ethnische Konflikt Kleinasiens bedroht seit dem Terrorakt auch unsere eigene innere Sicherheit bereits akut.

Doch das Massaker von Ankara birgt noch eine zweite, nicht weniger schwerwiegende Gefahr: Denn noch gilt die Bosporusrepublik als sicheres Herkunftsland für Kriegsflüchtlinge. Über zwei Millionen Syrer befinden sich derzeit in Obhut der türkischen Regierung, leben in den Millionenmetropolen zwischen dem Schwarzen Meer und der Ägäis oder in den unzähligen Zeltstädten innerhalb der Südosttürkei. Sollte der bewaffnete Konflikt Ankaras mit dem Islamischen Staat nach Kleinasien überschwappen, sollte die Türkei also tatsächlich ins Fadenkreuz der Radikalislamisten rücken, werden sich viele genötigt sehen, neue Zufluchtshäfen – aller Wahrscheinlichkeit nach in der EU – aufzusuchen. Mit den Anschlägen von Ankara wird die Sicherheitslage in der Türkei damit zur gesamteuropäischen Frage.