© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 44/15 / 23. Oktober 2015

BND soll Franzosen und Amerikaner ausgespäht haben
Gut so!
Christian Vollradt

Potzblitz, er hat’s getan! Der Bundesnachrichtendienst – so erfuhr die erstaunte Öffentlichkeit jüngst aus einer Routinesitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums – soll in Staaten der Europäischen Union und in Amerika „gelauscht“ haben. Ja ist das denn die Möglichkeit? Spione haben spioniert! Wir sind erschüttert ...

Nun, liebe Empörte in den Redaktionsstuben und Abgeordnetenbüros, so ist das eben. Die Welt ist kein Ponyhof, sondern ein gelegentlich recht rauhes Plätzchen. Da geht es um handfeste Interessen, und da sind besonders die Nachrichten relevant und begehrt, die andere tunlichst für sich behalten wollen. Auch unter „befreundeten“ Staaten, sagen wir besser: Partnern, mit denen wir viele Interessen (und sogar Werte) teilen. Viele. Aber viele sind eben nicht alle. Sollte der BND tatsächlich auf eigene Faust mit sogenannten „Selektoren“ in den Revieren von Paris und Washington gefischt haben: Bravo! Das hieße ja, die Mannen in Pullach (demnächst in Berlin) sind doch nicht der bloße Appendix amerikanischer Dienste. Dafür spricht übrigens der gute Ruf, den sie sich einst im Nahen Osten erarbeitet haben; dort, wo gerade jetzt eine effektive Auslandsaufklärung nötiger denn je ist. 

Blamiert ist in der aktuellen „BND-Affäre“ einmal mehr die Kanzlerin. Merkels „Ausspähen unter Freunden – das geht gar nicht“ ist erneut von der Realität widerlegt worden. Doch, es geht. Und das ist auch gut so.