© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 44/15 / 23. Oktober 2015

Asylkrise verschafft CSU neue Facebook-Fans
AfD vorne, Grüne hinten: In Sozialnetzwerken herrschen andere Mehrheitsverhältnisse als im echten Leben
Lion Edler

Wer in den deutschen Leitmedien einen Artikel finden will, der sich kritisch mit Angela Merkels Asylpolitik beschäftigt, muß lange suchen. Ob Springer-Zeitungen oder linksliberale Leib- und Magen-Blätter: Fast überall, so scheint es, wird in das gleiche sozialromantische Horn trompetet. Zum Ventil für den Leserfrust scheint nun das soziale Netzwerk Facebook zu werden: Neben neuen, unabhängigen Medien erfreuen sich dort auch Parteien und Organisationen, die die Begeisterung über den Massenansturm nicht teilen, eines rasanten Zulaufs.

Zum Beispiel die AfD. Vor knapp zwei Wochen konnte die Partei stolz vermelden, daß die Schwelle von 150.000 Facebook-Anhängern überschritten wurde. Längst haben die Administratoren des Facebook-Auftritts erkannt, daß soziale Netzwerke für die AfD besonders vorteilhaft sind. „Wie Sie alle wissen, halten uns die Medien recht klein“, heißt es in einer Mitteilung an das Facebook-Publikum. Auf Demos, Vortragsveranstaltungen, Infoständen und eben auf Facebook könne man die AfD jedoch nicht totschweigen. 

Pegida liegt deutlich        vor allen Parteien

Auch die CSU, die zuletzt immer wieder gegen die Asylpolitik der Kanzlerin wetterte, hat bei Facebook Oberwasser: Innerhalb von neun Tagen (vom 2. bis zum 11. Oktober 2015) gewann die Partei über 6.000 Facebook-Anhänger hinzu und hängte damit die mitgliederstärkere SPD ab. 

In einer JF-Auswertung aller Bundestagsparteien schob sich die Partei somit vom letzten Platz (Januar 2014) auf Rang vier. Mit nunmehr knapp 91.000 Facebook-Anhängern konnte sich die Partei gegenüber Januar 2014 mehr als vervierfachen. Den Sozialdemokraten und den Grünen wurde der Rang abgelaufen. Und nicht nur das: Wenn der Trend anhält, könnte die CSU schon bald ihre Schwesterpartei überholen – mit knapp 96.000 Unterstützern liegt die CDU in Reichweite. 

Die Grünen, die ihr Facebook-Titelbild mit der Parole „Refugees welcome“ versehen, bleiben derweil abgeschlagen auf dem letzten Platz vor der schwächelnden FDP. Doch der FC Bayern unter den asylkritischen Facebook-Seiten ist keine Partei, sondern eine Bürgerbewegung: Die Pegida-Bewegung, die in dieser Woche ihren ersten Geburtstag feierte (JF 43/15), liegt mit beinahe 170.000 Facebook-Unterstützern uneinholbar vor den Parteien. Auch die lokalen Ableger Legida (18.935 Unterstützer), Kagida (7.410), Sügida (4.957) und Bärgida (1.115) kommen immerhin auf vier- bis fünfstellige Zahlen.

Vielleicht hat der Aktionismus der Bundesregierung in bezug auf die drohende Facebook-Zensur auch damit zu tun: Den etablierten Parteien ist es ein Dorn im Auge, daß die Mitbewerber im politischen Geschäft hier Chancengleichheit genießen. Im September hatte Bundesjustizminister Heiko Maas die Vertreter der Internetwirtschaft, allen voran Facebook, einbestellt und auf eine schnellere Löschung von „Haßkommentaren“ gedrängt.