© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 46/15 / 06. November 2015

„Völlig skrupellos“
Nicht nur die Gewalt gegen Einwanderer und Asylunterkünfte nimmt zu, auch die gegen Pegida-Anhänger, Politiker der AfD und Bürger wie Hedwig von Beverfoerde, die mit ihren „Demos für alle“ gegen Frühsexualisierung in der Schule bundesweit bekannt geworden ist
Moritz Schwarz

Freifrau von Beverfoerde, wie gefährlich war der Brandanschlag gegen Sie?

Beverfoerde: Sehr gefährlich. Beinahe wäre das Feuer auf eine große Halle übergesprungen. Es ist allein dem schnellen Einsatz der Feuerwehr zu verdanken, daß das nicht passiert ist. 

Was genau ist passiert? 

Beverfoerde: In der Nacht auf Sonntag haben Unbekannte einen schweren Brandanschlag auf unserem Firmengelände bei Magdeburg verübt, das auch Geschäftsadresse der „Demo für alle“ ist. 

Unter „Demo für alle“ organisieren Sie seit 2014 in Baden-Württemberg und Nieder-sachsen Bürgerproteste gegen die Einführung von Landesbildungsplänen, denen Sie eine Frühsexualisierung der Schüler vorwerfen. 

Beverfoerde: Auf der linksradikalen Internet-Plattform indymedia.org wurde inzwischen ein anonymes Bekennerschreiben veröffentlicht, laut welchem der Anschlag mir als Organisatorin der „Demo für alle“ gilt. 

Ist das Schreiben authentisch oder handelt es sich um einen Trittbrettfahrer? 

Beverfoerde: Ich halte es für echt und zwar, weil es publiziert wurde, bevor wir an die Öffentlichkeit gegangen sind. Zudem war das Ziel des Anschlags der Firmenbus, mit dem ich bei unseren Demos im Einsatz war.

War der Bus denn als Demo-Fahrzeug gekennzeichnet? 

Beverfoerde: Das nicht, aber jeder aufmerksame Beobachter konnte das rote Firmenfahrzeug leicht identifizieren. 

War das Ziel nur der Bus oder tatsächlich, die ganze Firma niederzubrennen?

Beverfoerde: Ich vermute der Bus – allerdings hat man offensichtlich völlig skrupellos in Kauf genommen, daß der gesamte Komplex abbrennt. Denn das Fahrzeug war unter einem überdachten Gebäudeteil geparkt, und es war klar, daß das Feuer übergreifen würde: Der benachbarte Mitarbeiter-Sozialraum ist völlig ausgebrannt, und hätten die Flammen auf die angebaute Halle übergegriffen, wäre nicht nur unsere kleine Firma, sondern auch noch weitere auf dem Gelände ansässige Firmen existenzbedrohend geschädigt worden.  

Menschen waren nicht in Gefahr? 

Beverfoerde: Zum Glück nicht, aber ich meine, das macht den Anschlag kaum weniger skandalös. 

Gab es zuvor Drohungen?

Beverfoerde: Nein, aber seitdem kurz zuvor das Auto von Beatrix von Storch angezündet worden war, haben wir uns natürlich Sorgen gemacht. 

Sie sehen einen Zusammenhang?

Beverfoerde: Indirekt, denn nicht nur, daß Frau von Storch und ich lange zusammengearbeitet haben, beide haben wir uns auch exponiert gegen Frühsexualisierung, Gender Mainstreaming und für den Schutz der Familie engagiert.

Frau von Storch macht ihr Engagement als AfD-Politikerin für den Anschlag auf ihr Auto verantwortlich, nicht speziell das als konservative Familienpolitikerin. 

Beverfoerde: Ich glaube nicht, daß da überhaupt differenziert wird. Vielmehr werfen etliche Medien und linke Organisationen alles in einen Topf – egal ob Lebensschützer, Pegida, AfD, „Demo für alle“ oder gar die Gewalt gegen Flüchtlinge, was miteinander gar nichts zu tun hat; alles wird zusammengerührt und zunehmend pauschal als „rechtsradikal“, „rassistisch“, „intolerant“ und „homophob“ dargestellt.    

In einer Pressemitteilung machen Sie insbesondere das Theaterstück „Fear“ verantwortlich. 

Beverfoerde: Es fällt auf, daß der Anschlag auf uns – ebenso wie der auf Frau von Storch – nur wenige Tage nach der Premiere des Stücks an der Berliner Schaubühne verübt wurde. In dem Stück wird nicht nur ausdrücklich gegen die „Demo für alle“ – man muß schon sagen – gehetzt, sondern neben anderen Mitgliedern unseres Aktionsbündnisses auch ganz explizit gegen Beatrix von Storch und mich persönlich. In verleumderischer Weise werden wir dort namentlich und mit Fotos als rechtsextreme, Haßreden schwingende „Zombies“ – ich meine das wörtlich – vorgeführt. Ich habe das Stück selbst nicht gesehen, mir dies aber von vertrauenswürdigen Personen berichten lassen. Laut diesen werden unsere Alter egos von den Schauspielern wild wütend kurz und klein getreten und es wird sogar dazu aufgefordert, uns in den Kopf zu schießen. 

Ist ein Theaterstück nicht eine elitäre Sache? Kaum anzunehmen, daß die Täter erst dadurch animiert worden sind.

Beverfoerde: Mag sein, ich finde das Stück angesichts der Gewalt gegen uns dennoch besonders verwerflich. Es zeigt die Geisteshaltung, die sich in Teilen der gut vernetzten Szene unserer Gegner mittlerweile ganz ungeniert Bahn bricht. Hinzu kommt die angesichts des Migrationsdramas sich vollziehende Radikalisierung der Begriffe. Was neulich noch Kritik hieß, ist jetzt plötzlich „Hetze“ und „Haßpropaganda“. 

Sie sprechen von den etablierten Medien?

Beverfoerde: Ganz genau.

Können Sie das mit Beispielen belegen? 

Beverfoerde: Nehmen Sie etwa die „Heute-Show“ des ZDF. Jetzt werden Sie einwenden, das sei Satire. 

Richtig. 

Beverfoerde: Gleichwohl werden wir dort in einer Art und Weise dargestellt, die nicht einfach satirisch überspitzen will, sondern vielmehr beansprucht, „aufzuklären“, uns also zu „entlarven“, zu demaskieren. Insofern trifft Ihr Einwand nicht. Und das gleiche finden wir beunruhigenderweise zunehmend in den Seriosität beanspruchenden Leitmedien, die uns allen Ernstes in eine rechtspopulistische, wenn nicht „rechte“ Ecke stellen. 

Derzeit macht vor allem die SPD Pegida für Gewalt gegen Asylbewerber verantwortlich – die Pegida-Rhetorik wirke volksverhetzend. Ist das legitim und ziehen Sie jetzt nicht den gleichen Kurzschluß? 

Beverfoerde: Ich meine nicht, daß die Zeitungen oder die „Heute-Show“ konkret verantwortlich für den Anschlag auf uns sind, aber sie tragen zu einem Klima bei, das sie begünstigt und vor allem, sie tun nichts dagegen, wie es ihre Pflicht wäre. Anders sehe ich das bei „Fear“. Dieses Stück kann eindeutig als Aufforderung zur Gewalt gesehen werden. 

Solidarisieren sich nach dem Anschlag eigentlich Politiker und Medien mit Ihnen? 

Beverfoerde: Das hält sich bisher ziemlich in Grenzen. 

Bei brennenden Asylunterkünften ist das so. 

Beverfoerde: Daß öffentlicher Protest und mediale Anteilnahme bei Gewalt fast nur in eine Richtung gehen, ist nichts Neues und wird zunehmend zu einem gesellschaftlichen Problem. 






Hedwig Freifrau von Beverfoerde, die ehemalige Marketingfachfrau und Mutter dreier Kinder, Jahrgang 1963, ist die Gründerin der „Initiative Familienschutz“ und Organisatorin des Bündnisses „Demo für alle“. 

  www.demofueralle.de 

Foto: Abgebranntes Auto der AfD-Politikerin Beatrix von Storch (l.); nach dem Brandanschlag auf die Firma der Familien-Aktivistin Hedwig von Beverfoerde (r.): „Als Zombies dargestellt“

 

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