© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 46/15 / 06. November 2015

„Zunehmend radikales Meinungsklima“
Die AfD-Politikerin Beatrix von Storch, selbst Opfer eines Brandanschlags, sieht Medien und Politik mitverantwortlich für die wachsende Gewalt
Elena Hickman

Frau von Storch, wer steckt hinter dem Brandanschlag auf Ihr Auto am 25. Oktober in Berlin? 

Storch: Tags zuvor erhielt ich eine Warnung der Polizei, mein Fahrzeug sei auf der linksextremen Internetseite indymedia.org mit Kennzeichen und Standort quasi ausgeschrieben. Daraus schließe ich, daß die Täter aus dem linksextremen Milieu kommen. Zudem sehe ich den Verdacht durch den Anschlag auf Frau von Beverfoerde bestätigt, zu dem es ja ein eindeutiges Bekennerschreiben gibt.

Hängen beide Anschläge zusammen?

Storch: Insofern ja, als sie aus der gleichen Geisteshaltung kommen. 

Sie haben den Anschlag auf Facebook als Folge einer „Hetze gegen die AfD“ gedeutet. Welche Anhaltspunkte haben Sie dafür?

Storch: Wir haben inzwischen ein zunehmend radikales Meinungsklima. Die einen zündeln mit Worten, die weniger Intellektuellen mit echten Brandsätzen. Das ist in der Form des Diskurses nur ein gradueller Unterschied. Und es gibt eben auch eine Reihe von Amts- und Mandatsträgern, die zu diesem Klima beitragen – was sich zeitlich verzögert in brennenden Autos niederschlägt.

Sie klagen an, „wer die Hetze gegen die AfD mitgemacht hat und sich jetzt nicht distanziert, trägt Mitschuld“.

Storch: Wer erst mit Worten zündelt und dann Brandanschläge nicht verurteilt, der scheint die Fortsetzung des Diskurses der intellektuell weniger Begabten mitzutragen. Es wird Nachahmer geben.

SPD-Bundesvize Ralf Stegner fordert eine „scharfe Auseinandersetzung mit Angstmachern und rechten Haßpredigern“. Sehen Sie darin eine Ermutigung für andere Täter, ähnliche Straftaten zu begehen?

Storch: Die Grenzen verschwimmen. Der linke Mob führt in Stegners Augen eben diese „scharfe Auseinandersetzung“. Auch die SPD muß klarstellen, daß wir einen demokratischen Diskurs führen. Sie darf sich nicht daran beteiligen, die Feststellung, daß Deutschland 10.000 Migranten pro Tag nicht aufnehmen kann, als „rechte Haßpropaganda“ zu stigmatisieren und sie damit als nicht diskurswürdige These außerhalb des demokratischen Diskurses darzustellen. 

Würden Sie sagen, die Polizei ermittelt bei mutmaßlich rechtsradikalen Anschlägen engagierter als bei mutmaßlich linksradikalen Übergriffen?

Storch: Der Polizei mache ich keinen Vorwurf. Die medialen und politischen Meinungsbildner aber messen linke Gewalt mit verschiedenem Maß. Man stelle sich vor, das Auto von Minister Maas hätte gebrannt. Was wäre dann in dieser Republik losgewesen? Herr Stegner hat getwittert, ich solle nicht die „Opferrolle“ „markieren“. Er sagt damit nichts anderes, als daß ich bei Lichte betrachtet kein Opfer bin. Und selbst wenn doch, daß dann der Brandanschlag auf mein Auto doch irgendwie legitim sei. Die Linken werden das so auffassen. Das ist – um im Bild zu bleiben – brandgefährlich.

Immer wieder wird Ihnen vorgeworfen,  „geistige Brandstifterin“ zu sein und mit Ihren Äußerungen zur Flüchtlingspolitik Übergriffe auf Asylbewerber zu fördern.

Storch: Solche Vorwürfe sind absurd und demokratiefeindlich. Sie verbannen berechtigte Forderungen ins gesellschaftliche Niemandsland, um sich mit ihnen nicht auseinandersetzen zu müssen. Die AfD distanziert sich immer wieder und unmißverständlich von Gewalt jeder Art. Wir haben eine Bundesregierung, die unser Staatsgebiet nicht verteidigt, die es nicht einmal verteidigen will, ja die behauptet, sie könne dies nicht. Das ist ein staatspolitischer Offenbarungseid. Die Lage spitzt sich jeden Tag weiter zu. Die Regierung hat die Kontrolle längst verloren. Wer das ausspricht, beschreibt die Realität. Das Ausmaß der Heftigkeit des verbalen Rundumkeulens der Verantwortungsträger gegen diese Aussagen zeigt das Maß ihrer Richtigkeit. 

Vermehrt kommt es zu Übergriffen gegen die AfD – zuletzt etwa die Verwüstung der Geschäftsräume des Vorsitzenden von Sachsen-Anhalt André Poggenburg. Hat das  Auswirkungen auf Ihre politische Arbeit?

Storch: Nein, wir lassen uns auf keinen Fall einschüchtern. 






Beatrix von Storch, die Juristin und gebürtige Herzogin von Oldenburg, Jahrgang 1971, ist Europaabgeordnete sowie Vize-Vorsitzende der AfD und engagiert sich besonders gegen Gender Mainstreaming.

 www.beatrixvonstorch.de

 

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