© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 48/15 / 20. November 2015

Zum Abschuß freigegeben
Theaterstück „Fear“: Opfer-Täter-Umkehr
Jo Harpen

Man möchte zum Taschentuch greifen und leise weinen. Theaterregisseur Falk Richter beklagte sich vergangene Woche über „Haß-Mails“ und sogar Morddrohungen, die er wegen seines Theaterstücks „Fear“ an der Berliner Schaubühne erhalte. Haß und Drohungen sind nicht akzeptabel und unbedingt deutlich zu kritisieren. Und so erhielt Richter in vielen Tageszeitungen ein großes Forum für seine Klage. Ins „Visier von Kriminellen“ sei er geraten, und die AfD habe „ein schwieriges Verhältnis zum Grundgesetz“, konnte man im Handelsblatt lesen. Der Berliner Tagesspiegel assistierte und schrieb niedlich von einem „AfD-kritischen Theaterstück“.

Andersdenkende werden zu „Zombies“ erklärt

Ein wichtiger Aspekt, um den Vorgang zu verstehen, wurde allerdings nicht beschrieben: daß „Fear“ mitnichten ein „AfD-kritisches Theaterstück“ ist, sondern blanker Aufruf zum Haß und zur Gewalt, verantwortet von eben jenem Regisseur Falk Richter. In ekelhafter Art und Weise werden hier politisch Andersdenkende entmenschlicht und zu „Zombies“ erklärt: die AfD-Abgeordnete Beatrix von Storch, die Organisatorin der Elterndemonstrationen gegen die Frühsexualisierung von Kindern in Baden-Württemberg, Hedwig von Beverfoerde, auch der katholische Welt-Journalist Matthias Matussek, und die engagierte Familien- und Frauenrechtlerin Birgit Kelle. Sie alle finden sich in einem Kontext wieder mit zum Beispiel Beate Zschäpe von der Terrorgruppe NSU. Man sticht auf der Bühne ihren Fotos die Augen aus. Wer nicht mit dem Mainstream schwimmt, wird zum Abschuß freigegeben. So heißt es in Richters Hetzveranstaltung unmißverständlich, daß man Zombies nur erledigen könne, wenn man ihnen mitten zwischen die Augen in den Kopf schieße.

Das sei nur „Satire“, wiegelt Richter ab, und man muß unweigerlich daran denken, wie Medien und Politik reagieren würden, wenn auf ähnliche Weise Satire mit Claudia Roth und Margot Käßmann auf einer Bühne veranstaltet würde, denen man die Augen symbolisch aussticht. Aber die stehen ja auf der richtigen Seite des politischen Kampfes. Inzwischen gab es reale Brandanschläge auf Autos von Beatrix von Storch und Hedwig von Beverfoerde. Haß-Mails und Morddrohungen gehören sowieso zu ihrem Alltag, weil sie sich der ideologischen Umformung Deutschlands entgegenstellen. Herr Richter aber wäscht dazu seine Hände in Unschuld.