© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/15 / 27. November 2015

Hinter der Wut steckt Selbsthaß
Gerhard-Löwenthal-Preis für Journalisten: Auszug aus der Dankesrede von Preisträger Martin Voigt
Martin Voigt

Eure Kinder werden so wie wir!“ grölen die Linken, wenn in Stuttgart Tausende Menschen gegen die staatlich verordnete Frühsexualisierung auf die Straße gehen. Und damit könnten sie gemittelt über die nachkommende Generation recht behalten, denn Sexualisierung ist ein sich selbst verstärkender Prozeß.

Den Beleg liefern die bunten Randalierer selbst. Die emotionale Not steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Ständig brüllen sie Obszönitäten, die so inbrünstig vorgetragen eine gewisse Selbstreferentialität erkennen lassen. Man muß kein Psychologe sein, um eine Ahnung von ihrer Kinderstube zu bekommen. Die Opfer der sexuellen Revolution werden ihre besten Soldaten, aber sie selbst sind zu schwachsinnig, um zu begreifen. Hinter der Wut, die sich mal gegen die traditionelle Familie, mal gegen ganz Deutschland richtet, steckt ein tiefer Selbsthaß. Wer ungeliebt ist, strebt nach Auflösung. Wie bitter muß es sich da anfühlen, daß Tausende, liebende Eltern ihre Kinder vor der linken Pille-Porno-Puff-Idylle bewahren wollen. Die Debatte um die Bildungspläne hat den eigentlichen Kulturkampf erst sichtbar gemacht.

Um mögliche Motive der Sexualisierungskampagne zu verdeutlichen, stelle ich gern provokant überspitzte Fragen:

Werden aus pornoguckenden, mit Ritalin ruhiggestellten Jungs, die in Ganztags-Gemeinschafts-Schulen den Kondomführerschein machen, die Dichter und Denker von morgen? Werden die mit der Pille gut versorgten Mädchen, die bis zum Abi schon zwei, drei feste Freunde aufs Intimste „kennengelernt“ haben, später eine von Wertschätzung und Verbundenheit getragene Liebesbeziehung führen? Werden aus Kindern, die von einer Aufbewahrungsanstalt in die nächste gebracht werden, die ihre emotional verkrachten Eltern als gestreßte Arbeitnehmer erlebt und als Teenager alles ausprobiert haben, später glückliche Ehepaare, die sich rührend um ihre 1,4 Kinder kümmern?

Ist der unsicher gebundene, pardon, der moderne Mensch, der haltlos von einer Beziehung in die nächste stolpert tatsächlich das Ziel irgendeiner Interessengruppe? Sind gesellschaftliche Tendenzen das Ergebnis einer absichtlichen Steuerung? Der postmoderne Mensch lebt zunehmend vegan, ist manchmal zugedröhnt, aber angepaßt genug, um arbeiten zu können. Er hält sich für sozial und weltoffen und die allgemeine Meinung für die eigene. Seine Tattoos haben eine individuelle Bedeutung.

Was ist, wenn aus den Toleranz-Romantikern von heute durch die Zäsur einer eskalierenden Völkerwanderung der Wutpöbel von morgen wird? Wenn in einem familiär entwurzelten, pornosüchtigen Volk die Stimmung komplett umschlägt, dann fällt die Gutmenschen-Fassade schneller in sich zusammen als ein Kartenhaus. Und dann richtet sich eine intellektuell nicht zur Differenzierung fähige Aggression gegen diejenigen, die hier tatsächlich Schutz gesucht haben und in bester Absicht gekommen sind.

Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich, hat der Schriftsteller Mark Twain gesagt. Und Gerhard Löwenthal hat erkannt, wie gut sich der rote auf den braunen Sozialismus reimt. Wir leben in einem Land, in dem Bücher geschreddert werden, in dem unter dem Deckmantel der Kunst zum Mord aufgerufen wird und in dem gut finanzierte „Putztruppen“ Anschläge verüben, um Kritiker einzuschüchtern.