© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 51/15 / 11. Dezember 2015

Profite sind staatlich garantiert
Geschäft mit dem Klimawandel: Viele Maßnahmen zur CO2-Reduktion sind lediglich ein gigantisches Zuschußgeschäft zu Lasten der Bürger
Christian Schreiber

Am Klimawandel scheiden sich die wissenschaftlichen Geister. Die Mehrheit sieht die Menschheit vor der größten Katastrophe ihrer Geschichte stehen, eine Minderheit hält die Prognosen für maßlos übertrieben. Darüber, ob der vom Menschen verursachte Ausstoß an Kohlendioxid tatsächlich Hauptquelle der Erwärmung ist, wird heftig gestritten. Sogenannte Klima-skeptiker, die Meinungen oder Beiträge veröffentlichen, die „nicht mit dem Kenntnisstand der Klimawissenschaft“ übereinstimmen, werden sogar als Verschwörungstheoretiker abgestempelt.

„Energieeffiziente Gebäudedämmungen“?

Fest steht aber, daß es in den immer stärker auf radikale Privatisierung und Entsozialisierung setzenden Industriestaaten gleichzeitig eine immer größere staatlich gehätschelte Sonderzone gibt: die konzentrierte Subventionierung von Wirtschaftszweigen, die den Eindruck vermitteln, irgend etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen. Die Politik belohnt das mit umfangreichen Maßnahmen – von Steuerentlastungen für „energieeffiziente Gebäudedämmungen“ über Milliardenförderungen für die Elektromobilität bis hin zu den 21,8 Milliarden Euro EEG-Umlage, die den Stromkunden zugunsten der Betreiber von Biogas-, Solar- und Windstrom­anlagen abgepreßt werden (JF 44/15).

Während viele Betroffene über immer mehr Abgaben, Auflagen, Änderungen oder Verbote stöhnen, profitieren andere von einem komfortablen geschäftlichen Umfeld. Dabei ist speziell die „energetische Sanierung“ der deutschen Immobilien zum Großteil ein gigantisches Zuschußgeschäft. Der Ersatz einer überalterten durch eine moderne energieeffiziente Heizung ist ökonomisch rational. Die Kosten für Dämmstoffe, Zusatzentlüftung oder Installation sind aber derart hoch, daß sie niemals durch das Einsparen von Energiekosten wieder ausgeglichen werden können. Für Immobilienbesitzer gibt es allerdings zinsgünstige Kredite, direkte Zuschüsse und Steuer-Boni – dies alles bezahlt der Steuerzahler. Im Gegenzug werden die Mieten laut Expertenprognosen stark ansteigen. Die Welt berechnete, daß sich der Fehlbetrag bis 2050 auf 470 Milliarden Euro belaufen werde.

Diejenigen, die mit der Wärmedämmung Geld verdienen, betreiben seit Jahren machtvolle Lobbypolitik. Bekanntestes Werbegesicht ist der ehemalige „Tagesthemen“-Moderator Ulrich Wickert. Ein Industrieberatungsunternehmen errechnete, daß in den kommenden Jahren mit der Wärmedämmung ein Geschäft von bis zu 21 Milliarden Euro zu machen sein wird. Dabei entscheiden sich Hausbesitzer oftmals für billiges Styropor, nur um kurzfristige Auflagen zu erfüllen. Die Bausubstanz werde dadurch nachhaltig geschädigt, warnt der Architekt Klaus-Jürgen Bauer, der zudem vor Brandgefahr und gesundheitlichen Problemen warnt (JF 46/15).

Doch der faktisch subventionierte Handel mit Styropor ist nicht der einzige Geschäftszweig der Klimaindustrie, in den in den vergangenen Jahren viel Geld floß. Ein weiteres Beispiel ist die massiv betriebene Förderung von Biosprit. Dies korrespondierte mit der geopolitischen Frage, wie die westliche Welt ihre Abhängigkeit vom Erdöl lösen könne. Biogas, Biodiesel und Bioäthanol (Stichwort: E10) waren wichtige Teile dieser Autarkiestrategie. Doch zugleich war das Konzept „Tank statt Teller“ von Beginn an äußert umstritten und die Vorwürfe breit gefächert: Biosprit sei zu teuer, zudem nehme der Anbau von Energiepflanzen wichtigen Platz für Nahrungspflanzen weg.

Riesige Raps- und Maisfelder sind dennoch entstanden – denn der Absatz ist quasi staatlich garantiert. Ein Bericht des World Resources Institute (WRI) belegt, daß die Warnungen berechtigt sind. Das teuer umgewandelte Pflanzenmaterial sei energetisch so ineffizient, daß der Biosprit wahrscheinlich nie einen wesentlichen Teil des weltweiten Energiebedarfs decken wird. So werden beispielsweise in den USA nur sechs Prozent des Kraftstoffbedarfs durch Biomaterial gedeckt. Dies ist wesentlich weniger als das ursprünglich avisierte Drittel – obwohl dem dortigen Normalbenzin zur Freude der Farmer staatlich subventioniert bis zu 15 Prozent Bioäthanol beigemischt werden.

Einschnitte bei Vergütung für Biogasanlagen

Zudem moniert das WRI, daß die Biosprit-Förderung dazu beigetragen habe, daß die Nahrungsmittelpreise auf der ganzen Welt gestiegen seien. Anbau, Transport und Verarbeitung der Energiepflanzen hätten zudem die Luftverschmutzung verschlimmert: „Dagegen hat die Verwendung des Biokraftstoffs relativ wenig dazu beigetragen, das für die Erderwärmung wesentliche Kohlenstoffdioxid einzudämmen“, konstatierte die FAZ. An den deutschen Tankstellen blieb der als ökologische Wunderwaffe angekündigte Bio-Sprit E10 mit nie über 15 Prozent Marktanteil ein Ladenhüter.

Das droht künftig auch der bislang üppig subventionierten Biogas-Branche. Während Photovoltaik und Windkraft weiter auf politische Rückendeckung setzen können, sieht das 2014 reformmierte Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) harte Einschnitte bei der Vergütung für Strom aus Mais, Zuckerrüben oder Getreide vor. Künftig solle die EEG-Förderung statt dessen auf den Ausbau des Einsatzes von Reststoffen wie Gülle und Abfallstoffen konzentriert werden. Auch eine Hintertür zum Vergären von Gras wurde geschlossen: „Als Landschaftspflegematerial gelten alle Materialien, die bei Maßnahmen anfallen, die vorrangig und überwiegend den Zielen des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes dienen und nicht gezielt angebaut wurden.“ Allerdings: Bis 2014 errichtete Biogasanlagen genießen bis zu 20 Jahre lang weitgehenden Bestandsschutz – zu Lasten der gebeutelten deutschen Stromverbraucher.