© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 51/15 / 11. Dezember 2015

Ein Rettungspaket fordert Opfer
„Spiegel“: Die Mitarbeiter-KG hatte gehofft, sie käme ohne Sparmaßnahmen aus, doch diese kommen nun um so heftiger
Tobias Dahlbrügge

Dem einstigen „Sturmgeschütz der Demokratie“ geht die Munition aus: Der Spiegel streicht fast jede fünfte Vollzeitstelle. Von derzeit 727 Beschäftigten müssen 149 gehen, um das Abrutschen in die roten Zahlen zu verhindern. Hundert Arbeitsplätze werden im Verlag gestrichen, 35 davon in der Redaktion. Erstmals in der Verlagsgeschichte spricht die Geschäftsleitung von betriebsbedingten Kündigungen. 

Bis 2018 müssen dauerhaft 15 Millionen eingespart werden. Neben den Entlassungen will der Spiegel auch Dienstleistungen auslagern und freiwillige Sozialleistungen streichen sowie „neue Arbeitsabläufe“ einführen. Auch Gehaltsverzicht oder Arbeitszeitverkürzung werden „ernsthaft geprüft“.

Die Mitarbeiter-KG sah sich gezwungen, dem Rettungspaket zuzustimmen. Es sei „das Ende einer Zeit, in der wir geglaubt haben, einem mehrheitlich den Mitarbeitern gehörenden Unternehmen könnten solche Maßnahmen erspart bleiben“, heißt es. Die Mitarbeiter-KG hält die Aktienmehrheit (50,5 Prozent), Augsteins Erben und Gruner+Jahr den Rest.

Von 2007 bis 2014 gingen Umsatz und Gewinn der Spiegel-Gruppe um fast 20 Prozent zurück. Spiegel-TV verlor sogar 44 Prozent. Im selben Zeitraum wurden rund 100.000 Abos gekündigt. Der Heftverkauf hat 2010 die Eine-Million-Marke unterschritten und befindet sich im Sinkflug. Nur Spiegel Online legte zu.

Darum will der Verlag nun endlich online Geld verdienen und mehr Bezahlschranken aufstellen. Künftig werden für ausgesuchte Beiträge Gebühren fällig. Auch das bisher defizitäre englischsprachige „Spiegel Online International“ soll nicht mehr kostenlos lesbar sein. In Nordrhein-Westfalen will das Magazin das Angebot eines Regionalteils ausprobieren – woran 2007 schon die taz scheiterte.

Der Verlag erwartet auch in diesem Jahr einen Umsatzrückgang im einstelligen Millionenbereich. Trotzdem will die Geschäftsleitung wenigstens einen „kleinen Jahresüberschuß“ an die Anteilseigner ausschütten. Ein Trostpflaster für die „Umstrukturierungen“.