© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 52/15 / 18. Dezember 2015

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Auf Kosten der AfD
Paul Rosen

Rechtzeitig zum Fest gibt es auch im Bundestag Bescherung. Die Geschenke gehen nicht etwa an die Mitarbeiter der Bundestagsabgeordneten, die in weitgehend rechtlosen Arbeitsverhältnissen darben. Die Bezahlung ist schlecht, es gibt Überstunden ohne Ende, und das Arbeitsverhältnis erlischt, wenn der Abgeordnete sich einen schönen Posten bei einem Lobbyverband sucht und sein Mandat niederlegt.  

Den reichen Segen gibt es vielmehr für die Schatzmeister der Parteien. Mit einer Änderung des Parteiengesetzes wollen CDU/CSU und SPD Konsequenzen aus der stark sinkenden Wahlbeteiligung ziehen. Wer glaubt, die Parteien wollten bürgernäher werden, dürfte enttäuscht werden. Die Konsequenzen sind ganz andere: Wenn immer weniger Leute zur Wahl gehen, muß man einfach nur den Staatszuschuß pro abgegebener Stimme erhöhen, um drohende Einnahmeverluste zu vermeiden.

So soll es denn geschehen: Für jede abgegebene Stimme bei der Bundestagswahl erhalten Parteien in Zukunft 83 Cent (bisher waren es 70). Für die ersten vier Millionen gültigen Stimmen gibt es statt 85 Cent in Zukunft einen Euro. Nach 2017 wird es automatische Erhöhungen geben, damit man sich das Gesetzgebungsverfahren zu weiteren Erhöhungen sparen kann. So was ruft nur protestierende Bürger auf den Plan, die dann den Parteien sogenannte Haßmails schicken.

Die Erhöhungen kosten Geld. Und das holen sich die Bundestagsparteien bei der Alternative für Deutschland (AfD). Diese ist unbeliebt, weil sie den Altparteien Stimmen und Mandate entzieht. Flugs haben CDU/CSU und SPD den Goldhandel der AfD als verwerflich entdeckt. Die AfD nutzte eine Bestimmung des Parteiengesetzes aus, wonach – vereinfacht dargestellt – Umsätze der Parteien und ihrer Unternehmen zu einer höheren Staatsfinanzierung führen. Im Goldhandel sind die Umsätze wegen des hohen Metallpreises hoch, die Gewinne jedoch verhältnismäßig gering. 

Der Goldhandel ging den Bundestagsparteien auch aus einem anderen Grund auf die Nerven: Jede von der AfD verkaufte Goldmünze ist zugleich ein Votum für stabiles Geld und gegen die Schwachwährung Euro. Andererseits darf man sicher sein, daß die Zeitungsbeteiligungen der SPD weiterhin zu den Vorschriften des Parteiengesetzes passen. Es ist eben sehr praktisch, wenn die SPD bei den sie betreffenden Gesetzesformulierungen selbst die Feder führen darf.  

Die Goldquelle der AfD wird geschlossen. Das bisher an die AfD überwiesene Geld geht an die anderen Parteien, so daß keine zusätzlichen Kosten für die Steuerkasse durch die Gesetzesänderung entstehen. Zwei Millionen Euro könnte die AfD die Gesetzesänderung kosten und die Wahlkampffinanzierung ins Wanken bringen. Das ist Sinn und Zweck der Gesetzesänderung, wie der Münchner Politikwissenschaftler Michael Koß am Montag in der Bundestagsanhörung zum Gesetzentwurf bestätigte. Es werde zwar ein „Geben und Nehmen“ vorgeschlagen, aber das Geben werde nahezu vollständig an nicht im Bundestag vertretene Parteien ausgelagert.