© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 52/15 / 18. Dezember 2015

Kaum EU-kompatibel: Zur Geschichte des türkischen Antisemitismus
Tief in der Gesellschaft verankert
(ob)

Um den Teufel ihrer „Flüchtlingspolitik“ mit dem Beelzebub von Kontingenten auszutreiben, illegale durch legale Masseneinwanderung zu ersetzen, machte Angela Merkel Tayyip Erdogan Avancen, die ihr CDU-Parteifreund, der EU-Kommissar Günther Oettinger, nun in die Forderung nach Aufnahme der Türkei in die EU ummünzt. Beide Christdemokraten suchen damit für den Türkei-Kenner Jan Keetman die Nähe eines so islamischen wie antisemitischen Regimes (iz3w, 11-12/2015). In Deutschland neige man dazu, dessen Judenhaß als Reaktion auf Israels Palästinapolitik zu verharmlosen. Tatsächlich sei er tief in der türkischen Gesellschaft verankert und „völlig unabhängig“ davon entstanden. Antisemitismus gehöre seit den 1920ern zur politischen Kultur im Reich Kemal Atatürks. Von Pogromen im Jahr 1934, über Sondersteuern gegen die Jüdische Gemeinde (1942) und eine stets rührige judenfeindliche Publizistik lasse sich eine Linie bis zu den Bombenanschlägen auf Istanbuler Synagogen (2003) ziehen. Inzwischen bestelle Erdogan selbst antisemitisches Terrain, mit Tiraden gegen Israel ebenso wie mit öffentlichen Hymnen auf Necip Fazil Kisakürek, dem 1983 verstorbenen geistigen „Führer künftiger Generationen“, der die türkische Übersetzung der „Protokolle der Weisen von Zion“ herausgab. 


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